Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>
<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>
<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>

Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst

<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>

Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst

<p>Jonathan Meese signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>
<p>Jonathan Meese signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>
<p>Jonathan Meese signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>

Jonathan Meese signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst

<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>

Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst

<p>Aufbau Installation Thorsten Brinkmann “Ernie & Se King”, Kunstraum Seilerstraße 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Aufbau Installation Thorsten Brinkmann “Ernie & Se King”, Kunstraum Seilerstraße 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Aufbau Installation Thorsten Brinkmann “Ernie & Se King”, Kunstraum Seilerstraße 2011 ©griffelkunst</p>

Aufbau Installation Thorsten Brinkmann “Ernie & Se King”, Kunstraum Seilerstraße 2011 ©griffelkunst

Christoph Knecht

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391 B Mappe

B-Reihe / 391. Wahl
III. Quartal 2023

Plant of Opportunities
Radierung
48,0 × 37,5 cm / 29,0 × 20,5 cm

391 B1 watch
391 B2 toothing
391 B3 back
391 B4 blossom
391 B5 democracy

Papierqualität: 230 g/qm Hahnemühle Kupferdruck-Bütten
Druck: Saal-Presse, Bergsdorf
Hersteller Mappe: Reset St. Pauli Druckerei, Hamburg

Vegetabile Phantasie

von Jens Asthoff

Auf den ersten Blick erscheinen sie wie historische botanische, teils anatomische Darstellungen – ein Eindruck, der sich außer über die Motive selbst auch aus dem künstlerischen Verfahren speist: Bei den fünf Blättern, die der in Düsseldorf lebende und an der HBK Braunschweig lehrende Künstler Christoph Knecht für die griffelkunst schuf, handelt es sich um klassische Radierungen, genauer um Strichätzungen, die er bei zwei Motiven durch Aquatinta ergänzte. Sie entstanden 2023 in der Werkstatt der Saal-Presse im brandenburgischen Bergsdorf, Knecht nutzte diese im Rahmen eines Druckstipendiums der griffelkunst. Radierungen sind bildgebende Verfahren, die in einer zunehmend von KI und digitalen Medien geprägten Gegenwart wie aus anderer Zeit zu uns herüberzurufen scheinen. Diesen Eindruck lanciert er auch mit der Ausgestaltung der Motive, die im Stil auf Vorlagen aus botanischen Lehrbüchern des 19. Jahrhunderts beruhen. Knecht nennt hier etwa Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz (1885) des Kölner Botanikers, Illustrators und Pädagogen Otto Wilhelm Thomé (1840–1925).

Knecht widmet sich in seinem Werk von Malerei über Keramik, Bronzeguss bis hin zu Zeichnung und Druckgraphik verschiedensten klassischen Medien mit großer Experimentierfreude und beherrscht ein breites Spektrum an Praktiken. Das vergleichsweise entschleunigt wirkende Reproduktionsmedium Radierung und die traditionelle botanische Bildsprache setzt er hier ästhetisch gezielt ein, um daran Camouflage und Doppelbödigkeit der Motive zu entfalten: Auf den zweiten Blick wird deutlich, dass sich darin pflanzenhafte und humanoide Ordnungen mischen und verschwistern. Damit stehen die Blätter im Kontext seiner umfangreichen Werkgruppe Plant of Opportunities, die Knecht ab 2009 in Gemälden, wandfüllenden Keramik-Tableaus, Aquarellen und Graphiken diversifiziert und fortentwickelt hat.

In back etwa bildet das menschliche Rückgrat den zentralen Stamm in einer vegetabilen Phantasie, die aus dem unteren Rücken Wurzeln treiben und aus den Wirbelfortsätzen Stängel, Blätter sowie Blüten sprossen lässt – von Gänsefingerkraut bis Lichtnelke – und diese, paarweise in Symmetrie gestaffelt, insgesamt zum Ornament verdichtet. Knecht erschafft damit, arten- wie gattungsbezogen, ein Mischwesen – und auch ein suggestives Bild für Einheit der Natur. Motivisch findet man in seinem umfangreichen Werk fast immer Vorläufer und Varianten, für back etwa lohnt ein Blick auf Ohne Titel (Wirbelsäule), 2017, einem mit Acryl und Textilfarbe auf Papier gearbeiteten Einzelblatt, auch in größeren Gemälden wie Ohne Titel (Pflanzen & Organe, weiß), 2013, oder Ohne Titel (Universal Heritage), 2018, taucht das tragende Knochengerüst in organischer Gemengelage mit anderen Pflanzen- und Körperteilen auf. In jeder dieser Umsetzungen variiert Knecht Details oder Kontexte, entfaltet dabei große künstlerische Spielfreude.

In watch blüht ein kurzblättriges, reich bewurzeltes Kraut mit menschlichen Augen – und als wäre allein das nicht irritierend genug, sind es drei statt der erwartbaren zwei, jedes mit anderer Mikromimik. Das hat etwas Hypnotisches, und so wie hier durchzieht Knechts Bilder oft ein feiner, surrealer Humor. Der ereilt einen ebenso in toothing, sobald man am Ende des gezackt ornamental ins Bildgeviert gefügten Stängels aus einer vermeintlichen Rispenblüte 16 menschliche Zähne samt Wurzeln entziffert. In blossom wiederum – ein schmales Knollengewächs, es könnte ein Schneeglöckchen sein – erkennt man, verzögert wohl, weil organisch bündig eingefügt, anstelle eines Blütenblatts zwei Labien. Und democracy stellt eine warnend erhobene Hand ins Zentrum, wie auf anatomischen Schaubildern mit freigelegten Muskeln, nach unten mündet sie in ein … man fragt sich: Adern- oder Wurzelgeflecht? Es weist eine wie zufällig wirkende Verschattung auf, aus der man das titelgebende »democracy« herausliest. Mit den suggestiven Bildern seiner Plant of Opportunities, buchstäblich Gewächse überraschender Möglichkeiten, evoziert Knecht so die Phantasie eines anderen Körpergefühls und Körperseins.

Christoph Knecht

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1983 geboren in Karlsruhe, lebt und arbeitet in Düsseldorf und Braunschweig

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