Geht‘s dir da genauso?: Charlotte Bonjour
Charlotte Bonjour treibt den menschlichen Anthropomorphismus auf die Spitze. Sie macht sich nicht nur Gedanken, wie es einem Smartphone geht. Sie gibt ihm auch ein Gesicht. Und einen Körper. Und eine Seele. Diese leidet unter den Anforderungen der heutigen Zeit, wie wir es auch tun. Das Smartphone teilt alles mit uns, ist überall mit dabei, weiß alles über uns (mehr als wir selbst wahrscheinlich) und hat ständig zu funktionieren. Es ist ein Objekt der Begierde, das jederzeit ausrangiert werden kann. Für die Sorgen und Ängste des Smartphones findet Charlotte Bonjour traumartige Bilder. Sie zeigt das Gerät im Stil einer Comicfigur in Situationen, in denen es versucht, seinen Alltag zu bewältigen.
Die Drucke haben das Format eines Smartphone-Bildschirms, sodass man das Gefühl bekommt, in das Innere des Geräts hinein zu blicken. Sie sind entstanden als aufwändige Aquatinta-Radierungen und in Schwarz-Weiß gedruckt, womit die Künstlerin der schnell gemachten Ästhetik der Handy-Photographie eine Form der entschleunigten Bildproduktion entgegensetzt. Dadurch wirken die Motive wie einer Graphik Novel oder einem Film Noir entsprungen, Düsternis paart sich mit Humor. Ein weiterer Kontrast entsteht durch die Photos, auf denen die kleinen „Bildschirme“ zunächst als Form geprägt und anschließend die Drucke montiert wurden. Sie zeigen eine technische oder gar technoide Welt, wie die Lichtfrequenzen eines Lasers oder die Arbeitsfläche einer Smartphone-Reparaturwerkstatt, wo über Leben oder Tod entschieden wird.
Auf die Frage, was ein großartiger Tag im Leben eines Smartphones wäre, antwortet die Künstlerin: „In meiner Vorstellung haben Phones – und ich denke, das geht uns genauso – eine richtig gute Zeit, wenn sie ausgeschaltet sind!“