Stefan Marx
OPEN EXIT
von Brigitte Bedei
Vor sechs Jahren haben wir 100 Jahre Bauhaus mit einer Vase der Künstlerin Marguerite Friedlaender (1896–1985) gefeiert. Der in Berlin lebende Künstler Stefan Marx hatte sie mit seiner charakteristischen Typographie versehen: Forever Yours war eine Huldigung an die Zeitlosigkeit des Bauhaus Designs.
2025 feiern wir nun unser eigenes 100- jähriges Bestehen, und erneut ist Stefan Marx mit von der Partie. Nicht ohne Grund: Seine Kunst steht für Offenheit, Kommunikation und für ein zutiefst demokratisches Verständnis von Kunst. Der Künstler bewegt sich mit seinen Arbeiten spielerisch zwischen Hoch- und Popkultur, traditionelle Grenzen zwischen freier und angewandter Kunst werden dabei aufgehoben. Seine Schriftbilder und Zeichnungen finden sich nicht nur bei Modemarken, Fluggesellschaften, auf Skateboards und Plattencovern sondern auch in Museen, Galerien und in Editionen. Diese bewusste Grenzüberschreitung ist Teil seines Konzepts: Kunst soll nicht elitär sein, sondern zugänglich für alle.
Für unser Jubiläumsjahr kehrt Stefan Marx zurück in die Werkstätten der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin. Dort hat er einen klassischen Teller im wahrsten Sinne mit seiner Handschrift versehen. Die Form stammt aus der Serie Urbino, entworfen von Trude Petri (1906–1998), entstanden 1931, fast zeitgleich mit der Gründung unserer Vereinigung. Zwei Geschichten, die vor rund 100 Jahren begannen, finden in diesem Objekt erneut zueinander. Urbino gilt als Ikone des Bauhaus-orientierten Porzellandesigns: klar, sachlich, funktional, zeitlos. Darauf setzt Marx in kräftigem Grün einen freien, gestischen Pinselzug. Im Zentrum erscheint das Wort Exit, ausgespart als Negativform. Die Farbe bleibt bewusst ungleichmäßig, der Duktus sichtbar und lebendig. So entsteht ein spannungsvoller Dialog zwischen strenger Form und freier Geste. Durch eine Bohrung im rückseitigen Standring des Tellers wird dieser zum Wandobjekt und erhält eine neue Funktion. Jeder Teller wurde von Marx von Hand bemalt und ist ein einzigartiges Unikat.
Wir freuen uns sehr über dieses besondere Objekt zu unserem 100. Geburtstag. Es steht für Rückblick und Aufbruch zugleich. Denn Exit öffnet bestimmt auch neue Türen zur Kunst.
Multiple
von Hand bemalte Vase aus Porzellan
E 560
Forever Yours
Vase HALLE 1, KPM Berlin
Entwurf Marguerite Friedlaender, 1931
handbemalt von Stefan Marx, 2019
Stülpkarton, von Stefan Marx gestaltete Banderole
Höhe: 20 cm
Forever Yours
von Brigitte Bedei
100 Jahre Bauhaus wollen natürlich auch wir gebührend feiern! Zumal unser eigenes Gründungsjahr nur sechs Jahre von dem der legendären Kunstschule entfernt liegt, und sich durchaus eine geistige Nähe zu dieser berühmten Bildungseinrichtung herstellen lässt.
Wir feiern das in diesem Jahr schon reichlich zelebrierte Jubiläum mit einer Kooperation zwischen Popkultur und Traditionsmarke – so wird ein Kulturgut gewissermaßen ins 21. Jahrhundert geführt.
Den in Berlin lebenden Zeichner Stefan Marx und die Königliche Porzellan Manufaktur Berlin (KPM) verbindet seit zwei Jahren eine enge Freundschaft. Diese begann im Zuge eines gemeinsamen Projektes mit dem Süddeutsche Zeitung Magazin, bei dem Marx die Terrine einer traditionellen Porzellanserie verzierte. Daraus resultierte im November 2017 die erste KPM + Stefan Marx Edition, der weitere Editionsprojekte folgten. Der Künstler geht häufig Kooperationen mit Marken ein: Von Skateboards über Porzellan bis hin zu Kleidung. Das tut er gerne, denn so werden seine Arbeiten auf eine andere Art transportiert und es kommen Menschen damit in Kontakt, die mit Kunst sonst nichts zu tun haben. Marx’ Arbeit beinhaltet ein zutiefst demokratisches Verständnis von Kunst! Immer sind es spontane Skizzen seiner Beobachtungen des täglichen Lebens, die sich auf Plattencovern, T-Shirts, Skateboards, in kleinen Magazinen und Büchern und schließlich auf edlem Porzellan entfalten. Bereits vor fünf Jahren hat Marx eine seiner inzwischen legendären Keramikvasen für die griffelkunst produziert. Nun folgt eine kleine, feine Porzellanvase aus dem Hause KPM Berlin, die er mit seiner charakteristischen Typographie versehen hat. Die Vasenform stammt von der berühmten Bauhaus-Keramikerin Marguerite Friedlaender (1896–1985), die einen bedeutenden Anteil an der Entwicklung einer deutschen »Avantgarde für den Alltag« hatte. Die Vase Halle, die es in sieben Varianten gibt, hat die Künstlerin 1931 für die KPM Berlin entworfen, wo sie bis heute produziert wird.
Stefan Marx hat die schlichte, weiße Form mit dem Schriftzug Forever Yours von Hand bemalt. In Kobaldblau tanzen die Buchstaben über das weiße Porzellan und formieren sich zu einem Slogan. Damit huldigt er der inzwischen zum Designklassiker avancierten Vase von Marguerite Friedlaender mit einer eigenen Arbeit und unterstreicht damit noch einmal die Zeitlosigkeit des Bauhaus-Designs – ein Geschenk für die Ewigkeit!
C-Reihe / 365. Wahl
I. Quartal 2017
Lithographie
64,5 × 51,0 cm / 48,0 × 37,0 cm
1. Sad Songs
2. Cherish Your Memorized Weakness
3. You’re so Beautiful to Look at When You Cry
4. Vases in the Everglades
5. Father, Son and the Holy Ghost
6. Fruits
Papierqualität: 210 g/qm Zerkall Bütten
Drucker: Felix Bauer, Köln
Sad Songs and Funny Fruits
Die handbemalte Vase von Stefan Marx steht mittlerweile seit einem Jahr in vielen Griffelkunst-Haushalten und sorgt nach wie vor für Begeisterung. Nun hat der in Hamburg lebende Künstler erstmalig eine Serie von Lithographien entwickelt, in der er Früchte zum Leben erweckt und Lieblingsstellen aus Songtexten in seiner unverwechselbaren Typographie auf den Lithostein geschrieben hat. Über die Entwicklung seiner künstlerischen Arbeit und die unterschiedlichen Kanäle, die er hierfür nutzt, hat Brigitte Bedei ein E-Mail-Interview mit dem Künstler geführt:
griffelkunst: Stefan, welche Rolle spielt das Skateboard in Deinem Leben und welchen Einfluss hat es auf Deine künstlerische Arbeit?
Stefan Marx: Früher habe ich viel Zeit mit Skateboard Fahren verbracht und dadurch wohl einen anderen Blickwinkel auf meine Umgebung bekommen. Außerdem habe ich mich viel mit dessen »Do-It-Yourself«-Kultur aus einandergesetzt, das hat mein Interesse für Zines und Künstlerbücher geweckt.
griffelkunst: Du hast 1995 das T-Shirt-Label The Lousy Livin’ Company gegründet und arbeitest für das Plattenlabel Smallville. Sind das Kanäle für Deine künstlerische Arbeit?
Stefan Marx: Früher habe ich viele Zeichnungen auf T-Shirts publiziert, in einer kleinen Auflage. Die Arbeit für das Label Smallville Records ist eine ganz besondere: Wir haben uns am Anfang entschieden, nur eine Zeichnung auf dem Plattencover zu zeigen, ohne Titel und ohne den Namen des Musikers oder Produzenten abzubilden. Einmal habe ich eine Platte mit Postern auf Smallville veröffentlicht, der Release hatte drei Offset-Poster in einer Plattenhülle, ohne Vinyl und Musik, die Veröffentlichung hatte eine ISBN-Nummer, eine Smallville Katalognummer und wurde über den Buchhandel und über Plattenläden vertrieben.
griffelkunst: Wann hast Du begonnen, Zines zu publizieren?
Stefan Marx: Mitte der Neunzigerjahre habe ich angefangen, Lousy Livin-Zines zu erstellen. Das waren eher kleine Skateboard-Fanzines mit Interviews von Skatern und Photographen, außerdem waren meine neuesten T-Shirts abgebildet. Die hatten eine Auflage von 100 Stück und wurden u.a. in Skateshops verteilt. Später habe ich Benjamin Sommerhalder von Nieves Books kennengelernt, dort habe ich im Jahr 2004 mein erstes Zine veröffentlicht. Außerdem publiziere ich meine Arbeit zusammen mit meinem Freund Urs Lehni Säde, sein Verlag heißt Rollo Press. Darüber hinaus arbeite ich mit Dashwood Books aus New York.
griffelkunst: Jetzt hast Du Deine unverwechselbare Typographie und comicartigen Motive auf unser Drängen hin in die Druckgraphik überführt. Wie war Dein Aufenthalt in der Werkstatt von Felix Bauer in Köln?
Stefan Marx: Meine fünf Tage bei Felix Bauer waren fantastisch. Wir kannten uns vorher nicht, ich hatte immer einen großen Bogen um die schweren und langsamen Litho-Steine gemacht und war froh, die Technik von Felix ganz von vorn zu verstehen und direkt mit dem besten Drucker den Prozess im Detail zu praktizieren.
griffelkunst: Die drei Textblätter Deiner sechsteiligen Lithographie-Edition tragen kurze Slogans wie: You ‘re so Beautiful to Look at When you Cry oder Cherish your Memorized Weakness. Wie generierst Du Deine Texte?
Stefan Marx: Diese zwei Blätter sind Lieblingsstellen und Lyrics in zwei Songs der Band Pavement. Ich versuche mit den Schriftbildern die Stimmung der Songs als Bild zu erfassen und diese Stelle auch ohne Musik erklingen zu lassen. Ich finde es toll, gewisse Lyrics als Endlosschlaufe im Raum optisch abzubilden.
E 508
I’M SORRY ca. 26,0 x 15,0 cm
Multiple
Keramikvase, vom Künstler von Hand bemalt
Hersteller: Ceramiche Bianconi Pietro, Gualdo Tadino, Italien
Glasieren und Brennen: Lebenshilfewerk Elbe gem. GmbH, Keramikwerkstatt
I’M SORRYYY
von Brigitte Bedei
Die schwarzweiß-Zeichnungen des in Hamburg lebenden Künstlers Stefan Marx finden in ganz unterschiedlichen Kontexten statt. Es sind spontane Skizzen seiner Beobachtungen des täglichen Lebens, die sich auf Plattencovern, T-Shirts, Skateboards und in kleinen Magazinen und Büchern entfalten. Man kann ihm auf Instagram folgen, wo er jeden Sonntag eine skurile Sundaayyyssss Zeichnung postet. Er versteht den regelmäßen Post als eine Zustandsbeschreibung: »I like weekends but hate Sundays. I think I’m not such a good weekender. I can have fun, but l like doing things people do on weekends during my week.«
Für die griffelkunst hat Marx ein Alltagsobjekt der besonderen Art produziert. Fragmentarisch verteilte Buchstaben in unverwechselbarer Typographie sind durch das schroffe Ausmalen der Zwischenräume mit schwarzer Farbe entstanden und bilden den kurzen Satz: I’m sorryyy. Platziert sind die drei Worte auf einer bauchigen Keramikvase, die so die Bestimmung ihres zukünftigen Inhaltes gleich mitliefert. Jede Vase wurde in Italien handgefertigt und vom Künstler bemalt. So entstand ein Multiple mit Unikatcharakter, das schließlich in der Keramikwerkstatt des »Lebenshilfewerk Elbe« glasiert und gebrannt wurde.
Das ist gewiss kein repräsentatives Werk, das man sich da ins Haus holt, vielmehr ein gesprächsbereites Objekt aus dem angewandten Bereich und damit typisch für Stefan Marx, dessen Arbeiten immer Ausdruck von Erfahrungen und Momenten des Alltäglichen sind und sich selbst als Teil davon verstehen.
Seine T-Shirt-Kollektionen und Cover als angewandte Kunstformen sind legendär! Stephan Marx’ Arbeit beinhaltet ein zutiefst demokratisches Verständnis von Kunst, in der traditionelle Grenzen zwischen Straßen- und Hochkultur, freier und angewandter Kunst aufgehoben werden.

Stefan Marx, geboren 1979 in Schwalmstadt.