Herbert List
B-Reihe / 351. Wahl III. Quartal 2013
Schwarzweiß Photographien aus dem Nachlass
30,0 x 23,7 cm / 23,0 x 18,6 cm
Vedute Romane
1. Blick auf die Säule des Kaisers Trajan Rom, Italien 1949
2. Fischer auf dem Tiber vor der Engelsbrücke Rom, Italien 1949
3. Antiker Pferdekopf in den Thermen des Diocletian Rom, Italien 1949
4. Morgendliches Saubermachen auf dem Piazza Venezia Rom, Italien 1949
5. Feierabend in Trastevere Rom, Italien 1953
6. Luftballons vor der Fontana di Trevi Rom, Italien 1950
Serie mit Mappe und Textheft
Papierqualität: Foma
Hersteller Vorauflage: platinum, Hamburg; Hauptauflage: Grauwert, Hamburg
Mappe: Archivkarton mit Leinenrücken
Hersteller Mappe: Christian Zwang, Hamburg
Herbert List – Vedute Romane
von Ulrich Pohlmann (Auszug aus dem Textheft zur Mappe)
Photographieren als Erfüllung einer künstlerischen Vision, die sich aus dem reichen Fundus an Erscheinungen speist, in denen sich das formal Reizvolle mit dem Licht und dem Magischen paart. So etwa ließen sich Herbert Lists Photographien beschreiben. Für List, Sohn einer wohlhabenden Hamburger Kaufmannsfamilie und im großbürgerlichen Milieu aufgewachsen, repräsentierte der mediterrane Süden eine Welt, in der sich seine Sehnsucht nach einem Leben voller Leichtigkeit und Ungezwungenheit am ehesten zu erfüllen schien. Neben Griechenland war es Italien mit seinem reichen kulturellen Erbe, das den jungen Hamburger nachhaltig in den Bann zog. Bereits in den Dreißigerjahren sollte List mehrere Italienreisen unternehmen, die ihn nach Ligurien, Venedig, Rom, Capri und Sizilien führten. Seine zweiäugige Spiegelreflexkamera, die mittelformatige Rolleiflex, kam dabei häufiger zum Einsatz.
List bereiste jedoch nicht wie ein gewöhnlicher Tourist das Land, um seine Präsenz vor den Sehenswürdigkeiten photographisch zu beglaubigen. Vielmehr weckte das Beiläufige und Randständige seine Neugier. Insbesondere Italiens Hauptstadt zog den Photographen magisch an. Im Sommer 1950 führte eine mehrmonatige Reise mit seinem Freund Max Scheler nach Rom. Und als Scheler sich im Sommer 1953 dauerhaft im römischen Stadtteil Trastevere niederließ, blieb auch List, um für einen geplanten Rom-Bildband, der 1955 im Hanns Reich-Verlag in München erscheinen sollte, zu arbeiten.
Die Edition für die griffelkunst repräsentiert einen kleinen Ausschnitt aus Lists Schaffen in Rom. Unter den Motiven finden sich Darstellungen bedeutender Monumente wie die Fontana di Trevi, dem größten Brunnen der ewigen Stadt, dessen Schönheit sich in jüngerer Vergangenheit durch das nächtliche Bad von Anita Ekberg und Marcello Mastroianni in La Dolce Vita dem kollektiven Gedächtnis eingeschrieben hat. List wählt seine Ansichten mit Bedacht und es scheint so, auch mit Kenntnis jener gemalten und gezeichneten Veduten, die das Erscheinungsbild der Stadt für Jahrhunderte geprägt haben. Mit der klassisch komponierten Ansicht der Ponte Sant‘Angelo mit der sogenannten Engelsburg knüpft List beispielsweise an berühmte Darstellungen aus der Druckgraphik und Frühzeit der Photographie an. Photographen wie Altobelli & Molins hatten um 1860 vom damals noch unbefestigten Tiberufer aus die Stadtsilhouette und Fischer mit einer großformatigen Holzkamera eingefangen. Eine andere Aufnahme Lists gibt Passanten am Fuße der römischen Trajanssäule wieder. Bei tiefstehender Sonne werfen die Silhouetten der Fußgänger lange Schatten auf das Pflaster. Dieses »harte unwirkliche Spätlicht« (Egon Vietta) erinnert an Werke der »pittura metafisica« von Giorgio di Chirico und verleiht der Komposition eine geradezu unwirkliche Tiefe. Die auftrumpfende Monumentalität des imperialen antiken und barocken Rom wird nicht nur bestaunt und dokumentiert, sondern auch mit leicht ironischem Augenzwinkern kommentiert.
(Auszug aus dem Textheft zur Mappe)

Herbert List wird 1903 in Hamburg geboren, er stirbt 1975 in München.