Hannah Rath
A-Reihe, 397. Wahl, I. Quartal 2025
DO IT YOURSELF
von Stephanie Bunk
Der Begriff der Masche steht für Wiederholbarkeit. Man hat die Masche raus oder verfolgt immer die gleiche Masche. Eine Masche allein macht wenig Sinn. Sie stellt laut Definition eine Verbindung her zu anderen, mit denen sie durch ein Ineinandergreifen Maschenware bildet. Diese Idee greift Hannah Rath in ihrer Edition für die griffelkunst auf. Ihre Maschen erinnern an systematische Darstellungen, wie sie in Strick- oder Häkelanleitungen verwendet werden. Es handelt sich um Zeichen, die man lesen kann, nicht unähnlich einem Text oder einer Schrift. Und tatsächlich ist die in Berlin lebende Künstlerin über die Arbeit an minimalistischen Textbildern, die an konkrete Poesie erinnern, zur Entwicklung von Texturen und Geweben im weiteren Sinne gekommen. Ihre Werke bestehen aus einzelnen Buchstaben oder Gliedern, die sie zu Strukturen erweitert, die ohne eigentliches Zentrum auskommen. Diese druckt sie auf Textil oder setzt sie ortsbezogen als Skulpturen im öffentlichen oder musealen Raum ein, wie zuletzt in der Sammlungsausstellung something new, something old, something desired der Hamburger Kunsthalle. Dort zeigt sie neben Siebdrucken auf Textil Arbeiten aus Ankerketten und Nylonfäden, die sie zu Netzen verknüpft. Diese spannt sie an zwei Messingstiften frei beweglich vor der Wand auf, sodass deren Schatten eine feine Zeichnung an die Wand werfen.
Einzelne Linien oder Ketten verdichten sich zu räumlichen Systemen, die miteinander – und mit den Betrachtenden – kommunizieren. Raths Bilder und Objekte lassen sich als Metaphern für menschliche Kommunikation, soziale Netze und Verknüpfungen in einer globalen Welt lesen, die sich in einem ständigen Wandel befindet.
Hannah Rath verwendet in ihrer künstlerischen Praxis Schablonen. Für die Griffelkunst-Edition wird die Schablone erstmals zu einem Kunstwerk. Die aus gelbem Acrylglas geschnittene Form funktioniert als Bild bzw. als Wandobjekt (ein Loch zur Aufhängung ist bereits vorgesehen). Doch sie ist auch ein Werkzeug, denn die Künstlerin fordert die Griffelkunst-Mitglieder dazu auf, selbst künstlerisch aktiv zu werden. Auf fast jeder Art von Untergrund – Papier, Glas, Holz, Spiegel oder direkt auf der Wand – und mit verschiedenen Stiften oder sogar Spraydosen können mittels der Schablonen eigene Werke in unterschiedlichen Dimensionen gestaltet werden. Die von Hannah Rath im Siebdruck ausgeführten Drucke sind als ein Vorschlag zu verstehen, als eine Möglichkeit unter vielen anderen. Die Darstellungen zeigen extrem vergrößerte Maschenstrukturen und sind nicht nur Informationsträger, sondern besitzen auch einen ästhetischen Wert. Ihr war es wichtig, dass im Siebdruck das Händische, leicht Unpräzise, das trotz oder gerade durch die Nutzung einer Schablone entsteht, erhalten bleibt. Die einzelnen Farben wurden lasierend übereinander gedruckt, sodass Farbverläufe erhalten bleiben. Es geht ihr nicht um die perfekte Masche, sondern um die Schaffung eines verbindenden Elements, das gesellschaftliche Prozesse des Vernetzens in Gang setzt und hält. Letztendlich versteht sich die Serie Maschen auch als subtiler, augenzwinkernder Kommentar auf die Idee und die verbindende Struktur der griffelkunst: Kunst vereint.

Hannah Rath
1983 geboren in Marburg/Lahn,
lebt und arbeitet in Berlin