Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>

Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst

<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>
<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>
<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>

Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst

<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>

Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst

<p>Ausstellung von Peter Kogler im Kunstraum Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Ausstellung von Peter Kogler im Kunstraum Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Ausstellung von Peter Kogler im Kunstraum Seilerstraße ©griffelkunst</p>

Ausstellung von Peter Kogler im Kunstraum Seilerstraße ©griffelkunst

<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>

Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst

Julia Schmid

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Poster
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Mappe
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Booklet

Projekt-Reihe

385./386. Wahl

I./II. Quartal 2022

WAL, 2022

Radierung mit Poster, Booklet und Mappe

P85 Walstück eins, der Kiefer
42,0 × 34,0 cm | 38,0 × 30,0 cm

P86 Walstück zwei, der Kopf mit Fontäne
34,0 × 42,0 | 30,0 × 38,0 cm

P87 Walstück drei, Leib mit unterer Flosse
34,0 × 42,0 | 30,0 × 38,0 cm

P88 Walstück vier, der Buckel (oben)
42,0 × 34,0 cm | 38,0 × 30,0 cm

P89 Walstück fünf, die Schwanzfl osse (oben)
34,0 × 42,0 | 30,0 × 38,0 cm

P90 Walstück sechs, die Schwanzflosse (unten)
34,0 × 42,0 | 30,0 × 38,0 cm


Druck: Handdruck Loeding & Sturm, Hamburg
Papierqualität: 350 g/qm Bütten-Papier
Poster: 42,5 × 140,0 cm, gefalzt: 42,5 × 35,0 cm
Booklet: 29,7 × 21,0 cm
Mappe: 44,0 × 36,0 cm

WAL- Blätter

von Stephanie Bunk

Die sichtbare Oberfläche des lebenden Pottwals ist nicht das geringste der vielen Wunder, die er zu bieten hat. Fast immer ist sie überall kreuz und quer mit einem dichten Gewirr zahlloser gerader Striemen gezeichnet, etwa wie die Schraffuren auf den besten italienischen Kupfern. [...] Und mehr noch: In manchen Fällen bilden die Striemenstriche für das wache, aufmerksame Auge die Grundierung für ganz andere Zeichnungen, genau wie bei einem richtigen Kupferstich. Herman Melville, Moby Dick, 1851, in der Übersetzung von Matthias Jendis, 2001

Herman Melvilles Roman Moby Dick gilt trotz seines Umfangs als eines der meistgelesenen Bücher. Doch sicher haben es nur wenige so genau gelesen wie Julia Schmid, die das Werk im Hinblick auf Beschreibungen des weißen Wals durchgearbeitet hat. Diesen sind im Buch ganze Kapitel gewidmet, die sich mit Einzelteilen des Tiers, wie der Haut oder dem Kopf beschäftigen, und parallel zu der dramatischen Handlung eingeflochten sind, in deren Verlauf Kapitän Ahab Rache an dem weißen Pottwal nimmt. Ihr Interesse an dem Roman beschreibt die Künstlerin folgendermaßen: »Diese genauen Beschreibungen sind so genau, dass sie – komischerweise – beinahe abstrakt werden. Sie könnten zugleich auch Landschaften, Menschen, philosophische Fragen behandeln … Das hat mich so fasziniert, dass ich das Buch gleich mehrfach gelesen habe. Ich wollte immer mal damit arbeiten und habe mich gefragt, was herauskommt, wenn man diese Beschreibungen wirklich bildlich zusammensetzt. Reichen sie aus, um das Bild eines gesamten Wals zu ergeben?«

Dieser Frage ist Julia Schmid erstmals 2017, anlässlich einer Einladung zu der Ausstellung The Fountain Mémoire nachgegangen, die an das berühmte Readymade »Fountain« von Marcel Duchamps erinnerte. Hatte sie sich zunächst nur auf die Fontäne fokussiert, wuchs das Projekt zu einer zeichnerischen Konstruktion des gesamten Tiers auf 14 Zeichenbögen an, die zusammengesetzt eine Rekonstruktion des von Melville beschriebenen Wals ergeben. Begleitend erschien ein Buch mit allen Skizzen und Notaten, die sie während der Lektüre fertigte. Das Buch wurde auf einem Sockel zusammen mit der Photographie der Bleistiftzeichnungen in der Ausstellung präsentiert. Diese Arbeit hat Julia Schmid für ihre Griffelkunst-Edition in die Radierung übertragen.

Melvilles Beschreibung der Walhaut, auf der sich Erfahrungen und Erlebnisse wie auf einer Radierplatte einschreiben, übersetzt die Künstlerin in Schraffuren, Strukturen und Skalierungen. Die Drucke hat Schmid als Paare angelegt, die aber auch einzeln oder in Kombination mit anderen »Walstücken« funktionieren und sich zu einem größeren, wenn auch ausschnitthaften Wals zusammensetzen lassen. Zur Edition erscheint als Poster die 14-teilige Zeichnung des Wals als Referenz. Wer alle sechs Radierungen auswählt, erhält sie zusammen mit einem Booklet, das nach Schmids Sikzzenbuch entstanden ist. Die von der Künstlerin gestaltete Mappe wurde ganzflächig mit »Rubbellack« überzogen, nur eine Aussparung lässt erahnen, dass darunter noch Text verborgen ist. »Striemen«, Kratzer und andere Spuren der Benutzung auf der Oberfläche sind ausdrücklich erwünscht.

Die Edition zeigt Ansichten des Wals, wie Melville ihn erschaffen hat, durch die Kraft der Phantasie, nicht mit dem Auge der Wissenschaft. Dadurch ergeben sich Unstimmigkeiten gegenüber anatomisch genauen Darstellungen des größten Säugetiers, die Raum für eine andere Betrachtung und Lesbarkeit des Wals eröffnen. Melville – genauso wie Julia Schmid nach ihm – lesen seine Erscheinung als Spiegelbild der Natur, aber auch von Kulturen, die durch Eroberer wie Kapitän Ahab heute bedroht sind. Schmids Thema ist nicht die Natur selbst, sondern immer schon deren Darstellung in der Malerei, der Zeichnung, in Naturkundemuseen und auch in der Literatur. Ihre Arbeit ist eine künstlerische Kartographie, die ihre Quellen offenlegt und Verbindungsstellen nicht verwischt, sondern
sichtbar macht. Daher gehören neben Malerei und Zeichnung auch Texte, Begleitmaterial und vor allem Collage zum Werkzeugkasten der Künstlerin, wie sie bereits 2016 mit den beiden Einzelblättern Pflanzen im Büro – griffelkunst Hamburg, Seilerstraße gezeigt hat, die nach eigenen Photographien von Zimmerpflanzen in den Büroräumen der griffelkunst entstanden sind.

Einzelblatt

Zwei Inkjet-Drucke mit Textblatt in einer Mappe
Pflanzen im Büro –
griffelkunst Hamburg, Seilerstraße

E 527
Pflanzen im Büro, griffelkunst 26. März 2015/1
Pflanzen im Büro, griffelkunst 26. März 2015/5

je 42,0 × 59,4 cm / 39,0 × 55,0 cm

Willkommen im Dschungel Seilerstraße

von Stephanie Bunk

It’s a jungle out there
Disorder and confusion everywhere
No one seems to care
Well I do
Hey, who’s in charge here?

(Randy Newman)

Die Natur in Malerei und Zeichnung ist eine zentrale Konstante im Werk von Julia Schmid. Ihre Zugänge zum Thema sind dabei so vielfältig, dass das Ergebnis nichts mit einem traditionellen Landschaftsbild gemeinsam hat, sondern eher als eine malerische Kartographie bezeichnet werden kann. Die Natur versteht die in Hannover lebende Künstlerin als kulturell bedingt, das heißt, vom Menschen gestaltet und vermittelt. Ihr Augenmerk richtet sie gerade auf solche städtischen Orte, an denen es die Natur besonders schwer hat, noch »natürlich« zu sein, etwa im Kleingartenverein, auf Grünstreifen oder in öffentlichen Gebäuden. Die Auswahl der Pflanzen, die Julia Schmid in alltäglichen Situationen und auf Reisen aufspürt, wirkt zufällig. Doch jedem Ort, den sie erkundet, geht eine genaue Recherche voraus. Ihre Fundstücke könnte man als subversive Elemente bezeichnen, da sie es geschafft haben, sich da einen Lebensraum zu schaffen, wo eigentlich keiner ist. Ihr Umgang mit dem Material ist vielfältig, wobei die Malerei ein verbindendes Element darstellt. Sie malt Pflanzen direkt in opulenten Farben und überproportional groß, sodass sie eine Art Eigenleben auf der Leinwand entwickeln. Oder sie hält sie mit der Kamera fest, um sie anschließend zu ausufernden Collagen zusammenzusetzen, um diese dann wiederum malerisch zu überarbeiten.

Das Projekt Pflanzen im Büro verfolgt Julia Schmid schon seit mehreren Jahren. Es hat sie schon an Orte wie die Deutsche Aids-Stiftung in Bonn und das Ministerium für Wissenschaft und Kultur in Hannover geführt. Im begleitenden Text zu dieser Station wird behauptet, dass es wohl in allen öffentlichen Gebäuden in beinahe jedem Raum Grünpflanzen gibt. Gilt das auch für die Räume der griffelkunst? Über das Ergebnis sind wir selbst erstaunt! Wo hat die Künstlerin all diese exotischen Pflanzen aufgespürt? Seit wann sammeln die Kollegen verwachsene Kakteen oder begeistern sich für weiße Orchideen? Julia Schmid nimmt die Nischen, in denen Menschen im Büro ihr kleines Stück Natur selbst gestalten, ernst und fügt sie zu einer Kartographie des Ortes zusammen, die nicht dem offiziellen Bild entspricht. Wer nimmt schon den Geldbaum wahr, der auf dem Tisch unseres Geschäftsführers vor sich hin wuchert, wenn an den Wänden Graphiken hängen? In den Einzelblättern wird diese Sukkulente zur Protagonistin eines größeren Pflanzengeflechts, das in seiner Farbigkeit und Formenvielfalt wie ein Stück Urwald anmutet. Schmid hat die Pflanzen photographiert, collagiert und malerisch überarbeitet. Aus den entstandenen, sehr unterschiedlichen Kompositionen haben wir zwei ausgewählt, die trotz des gemeinsamen Materials in ihrer Wirkung völlig gegensätzlich sind. Die neu geordneten »Büro-Landschaften« stehen im harschen Gegensatz zur Wirklichkeit vor dem Fenster, die Julia Schmid in dem Text, der ihre Arbeit begleitet, miteinbezieht.

Julia Schmid
1969 geboren in Wuppertal, lebt und arbeitet in Hannover
1990–2007 Studium an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig
2013 Kunstpreis der Sparkasse Hannover, Kunstverein Hannover
2015–17 Verschiedene Lehraufträge an der Leibniz Universität Hannover, HBK Braunschweig, Kunstakademie Stuttgart

Einzelausstellungen
2015/16 schnüren, Kunstverein Wolfenbüttel
2014/15 Schilf im Kies, gebaute Gärten, Städtische Galerie Lehrte Sprengelmuseum Hannover
2011/12 HELSINKIMADRID, Kunstmuseum Bonn (K)

Ausstellungsbeteiligungen
2016 Kommentiert, Schloss Agathenburg
2015 Substanzieller Einfluss, Bayer Kulturhaus, Leverkusen (K)
2014 Dialog, Städtische Galerie Kubus, Hannover (K)

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