C-Reihe / 360. Wahl IV. Quartal 2015
Lithographien
60,0 x 42,0 cm
1. Typografie 1
2. Typografie 2
3. Typografie 3
4. Typografie 4
5. Typografie 5
6. Typografie 6
Papierqualität: 250 g/qm Alt Nürnberg, Zerkall-Bütten
Drucker: Tabor Presse, Berlin
Schriftbilder
von Brigitte Bedei
Ganze Ausstellungswände, Leinwände, aber auch kleinere Papierformate überzieht die in Berlin lebende Malerin Friederike Feldmann mit handschriftlichen Zeichen. Ihre Bilder muten wie Textformationen an, die jedoch nicht auf Lesbarkeit zielen. Die Künstlerin richtet unseren Blick dabei auf das, was man dann sieht, wenn Schrift nicht lesbar ist. Michael Glasmeier formuliert dazu in Feldmanns jüngst beim Hamburger Textem Verlag erschienen Katalog in seinem Beitrag »Gemalte, gezeichnete, geschriebene Schrift«:
»Schrift zeigt sich hier vornehmlich ›als Erscheinungsform der grafischen Linie‹ und zunächst jenseits von Botschaften. Dennoch versuchen wir immer, etwas zu entziffern, einen Sinn zu finden hinter den Schreibbewegungen. Und um diese Art und Weise des Betrachtens, das sich mit dem Entziffern solidarisiert, zum Thema zu machen, nennt Friederike Feldmann die erste große Ausstellung ihrer Analysen des Skripturalen ›Die Autorin‹. Damit wird ein Fass aufgemacht, in dem sich die intellektuellen Meisterdenker der Moderne von Freud über Sartre bis hin zu Roland Barthes, Michel Foucault, Julia Kristeva oder Hélène Cixous mit unterschiedlichsten Meinungen tummeln, wobei die Fragestellung immer eine doppelte ist: Schreibt die Autorin, schreibt die Leserin? Ich denke, ein Unentschieden wäre angemessen. Die nächste Frage: Ist die Autorin Schriftstellerin oder Schreiberin? Antwort: ›Der Schriftsteller erfüllt eine Funktion, der Schreiber übt eine Tätigkeit aus.‹ Und mit diesem Recht der Tätigen in Sachen Wort ist es für die Malerin Feldmann durchaus angebracht, als Autorin zu erscheinen, eine Autorin, die den Duktus der Schriftlichkeit nicht nachvollzieht, sondern ihn malend zu Bewusstsein bringt und uns damit gleichzeitig ebenfalls zur Autorin werden lässt. Wir Betrachter machen dann ein Bild, das eine Mimesis von Schriftlichkeit darstellt, ein Bild, das uns nicht nur an unsere tägliche Schreibarbeit gemahnt, an die Sorgfalt und Schnelligkeit täglicher Übungen, Mitteilungen, Kommunikationen, sondern gleichermaßen auch an die immer seltener praktizierte Handschriftlichkeit.«
(aus: Friederike Feldmann, Katalog, Textem Verlag, Hamburg 2014)
Für die griffelkunst hat Friederike Feldmann ihre Schriftbilder über ein Umdruckverfahren auf den Lithostein gesetzt, und so eine Serie von sechs Lithographien entwickelt. Einzelne Wörter sind dabei schwungvoll in Zeilen gesetzt, mal gleichmäßig in filigranen Zeichen, mal mit kräftigen Pinselstrichen, mal zügig dahineilend. Sie haben den leichten Gestus des Handschriftlichen und folgen den Konventionen von Zeilenhöhen und -längen, niemals jedoch einem Alphabet. Immer bleiben sie knapp unterhalb von Lesbarkeit. Die Graphiken der Künstlerin wirken wie Notizen oder Auszüge aus einem Tagebuch und machen die Handschriftlichkeit zu einem Bild. Eine poetische Arbeit in Zeiten, in denen Mitteilungen nur noch über Twitter und Whats App ihren Weg finden.
Friederike Feldmann
geboren 1962 in Bielefeld