Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Aufbau der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>
<p>Aufbau der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>
<p>Aufbau der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>

Aufbau der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst

<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>

Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst

<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>

Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst

<p>In der Druckwerkstatt von Thomas Franke ©griffelkunst</p>
<p>In der Druckwerkstatt von Thomas Franke ©griffelkunst</p>
<p>In der Druckwerkstatt von Thomas Franke ©griffelkunst</p>

In der Druckwerkstatt von Thomas Franke ©griffelkunst

<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>
<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>
<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>

Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst

Nora Schattauer

A-Reihe / 352. Wahl IV. Quartal 2013

Farblithographien
48,0 x 36,5 cm / 44,0 x 33,5 cm

Sechs Steine
1. Nanno
2. Thetys
3. Gneis
4. Eis
5. Cocco
6. Kalk

Serie mit Mappe

Papierqualität: 260 g/qm Zerkall Bütten
Drucker: Felix Bauer, Köln

Bild-Experimente

Die Arbeiten von Nora Schattauer entstehen im Experiment. Die Künstlerin lässt verschiedene Substanzen auf dem Bildträger wie in einem Labor miteinander reagieren. Für die griffelkunst hat sie direkt auf dem Lithostein gearbeitet. Entstanden sind sechs faszinierende Drucke mit ganz unterschiedlichen Flächenstrukturen, die sich aus Prozessen, die von der Künstlerin initiiert wurden, entwickelt haben.

griffelkunst: Sie malen nicht mit Pinsel und Farbe, vielmehr haben Sie einen Herstellungs-Prozess entwickelt, in dem das Experiment und der Zufall eine große Rolle spielen. Wie arbeiten Sie?

Nora Schattauer: Seit 1990 arbeite ich mit unterschiedlichen Materialien daran, das Verhalten von Flüssigkeiten auf Papier oder präparierten Trägern künstlerisch einzusetzen. Farbe ist immer an Substanz gebunden. Wenn ich einen dünnflüssigen Zustand habe, kann ich mit Fließkräften arbeiten und daraus eine malerische Struktur entwickeln. Diese Prozesse werden Teil des Kunstwerks. In meiner Arbeit setze ich mich mit Möglichkeiten auseinander, Farbe zu gewinnen. Chloride, Nitrate und Metallsalze werden in gelöster Form in das Papier eingelassen; sie sickern ein und reagieren miteinander aus einem verborgenen Potenzial heraus. Die verwendeten Lösungen sind meist farblos, aber nicht leer. Blautöne, Grüngrau und Silberviolett entstehen auf dem Blatt erst im chemischen Arbeitsprozess.
Ähnlich wie im Aquarell habe ich eine fluide Fläche, die sich aber quasikristallin unter Einsatz von Fließ-Kräften zu amorphen Zellen organisiert, zu Kreisflächen und verzogenen Gittern. Die Strukturen muten organisch an, als wären sie nicht konstruiert, sondern gewachsen. Das Aufquellen der Farbstoffe im saugfähigen, ungeleimten Papier führt zu einer Form von Unschärfe des Bildes. Die von mir eingesetzte Pipette ist ein sensibles Instrument, mit dem ich die Abgabe und Größe der Tropfen durch Finger-Druck bestimmen kann. Ich erzeuge Strukturen, die wiederum Strukturen entstehen lassen; so ergibt sich ein Wechselspiel zwischen machen und machenlassen: eine kontrollierte Freiheit des Geschehen-lassens. Als Künstlerin entscheide ich darüber, dass sich die Zufalls-Bereitschaft die Waage mit Präzision und Steuerung hält.

griffelkunst: Für die griffelkunst haben Sie sechs Lithographien geschaffen, die in enger Anlehnung an Ihre Malerei entstanden sind. Sie konnten hier allerdings nicht auf Papier arbeiten, sondern mussten Ihre Arbeit direkt auf dem Lithostein entwickeln. Wie sind Sie in der Bearbeitung der Steine vorgegangen?

Nora Schattauer: Ich bin an Grundprozessen interessiert. Die Lithographie habe ich als ein neues, offenes Gelände begriffen, dem ich mich nicht mit Wissen, sondern mit einem Wissen-Wollen genähert habe, also zunächst ohne die Planung eines Ergebnisses. Ich wollte dem Unvorhersehbaren Raum geben und zugleich eine differenzierte Technik anwenden; der Litho- Prozess wurde für mich zu einer Frage der in ihm steckenden Grundlagen und der dem Stein potenziell »innewohnenden« Bildwirkung.
Es brauchte konkrete Aufmerksamkeit für die Situation selbst, für den Stein und die Tusche, die ich elementar auffasste. Es ging um den fluktuierenden Zusammenhang, um Erfahrungen mit der Eigenart der Tusche- Partikel und ihrer Beweglichkeit auf dem Stein. Die Tusche strömte im Wasser, sie strömte unter Umständen auch davon. Weil auf dem Stein ein Geschehen stattfinden sollte, schuf ich entsprechende Bedingungen im flüssigen Zustand. Ich brachte die Tusche in Mikro-Bewegung und hatte so Dynamik und lokale Strömungen.
Es war faszinierend, eine Flächen-Struktur zu bekommen, welche aus zahllosen Trocknungs-Rändern besteht, feinste Linien, eng aneinandergelegt. Die subtile Trocknung über viele Stunden schuf mikrometerweise diese Ränder. Die Tusche sedimentierte. Was sich vor meinen Augen abspielte, war eine Geschichte von Übergängen, eine Art Erdgeschichte im Mikrokosmos.
Dieses Vorgehen war prinzipiell von Risiken begleitet, ich hatte den Widerstand des Stoffes, der sich nur bedingt steuern ließ. Deshalb bin ich Felix Bauer für die Unterstützung in seiner Druckwerkstatt auch sehr dankbar. Weitere Eingriffe mit fremdem Material – Salze und Spiritus etwa – veränderten unmittelbar das Bild. Spiritus ließ an der Auftropf-Stelle die Tusche radial zurückweichen, wie ein Schauer, der über einen See streicht. Mit Salzen erzeugte ich Mikro-Öffnungen in der Fläche, fügte Partikel in die poröse Stein-Oberfläche ein und konnte damit eine körnige Struktur anlegen. Außerdem überlegte ich mir alternative Methoden des Auftragens: statt mit dem Pinsel arbeitete ich mit Pipetten und Löffeln; auch das brachte eine andere Spannung in das Tuschefeld. Es war der Prozess, der zum Bild führte. Was sichtbar wurde, sind Mikro-Landschaften.

Das Interview für die griffelkunst führte Brigitte Bedei im Juli 2013.

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Nora Schattauer

1952 geboren in Duisburg

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