Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>
<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>
<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>

Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst

<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>

Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst

<p>In der Druckwerkstatt von Thomas Franke ©griffelkunst</p>
<p>In der Druckwerkstatt von Thomas Franke ©griffelkunst</p>
<p>In der Druckwerkstatt von Thomas Franke ©griffelkunst</p>

In der Druckwerkstatt von Thomas Franke ©griffelkunst

<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>
<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>
<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>

Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst

<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>

Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst

Dani Jakob

A-Reihe, 333. Wahl, I. QUARTAL 2009
Windows of the world, 2009
Heliogravüren

1. ohne Titel 59,0 x 41,5 cm
2. ohne Titel 64,5 x 41,5 cm
3. ohne Titel 64,5 x 41,5 cm
4. ohne Titel 64,5 x 41,5 cm
5. ohne Titel 71,0 x 42,0 cm
6. ohne Titel 71,0 x 42,0 cm

Papier: 270 g/qm Zerkall Bütten
Drucker: Kunst- und Radierwerkstatt W. Jesse, Inh. Manuela Jäger, Berlin

griffelkunst: Auffällig an Eurer Edition ist, dass Ihr jedes Blatt dreifach signiert habt, sehr schön ausführlich mit Dani Jakob, Gabriel Vormstein, Sebastian Hammwöhner. Trotzdem handelt es sich bei der Serie erklärtermaßen um eine Gruppenarbeit. Wie würdet Ihr das Verhältnis zwischen Eurer Arbeit als Einzelkünstler bzw. Einzelkünstlerin und Eurer Arbeit in der Gruppe beschreiben?

DJ: Wir haben uns an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe kennengelernt und bereits während des Studiums begonnen, gemeinsam zu arbeiten.

SH: Wir haben uns in der Bibliothek getroffen, bei den selben Büchern. Wir haben von Anfang an enge Freundschaften gepflegt und viele Interessen geteilt.

DJ: Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der individuellen Arbeit, schon rein zeitlich gesehen. Als Gruppe arbeiten wir ausschließlich projektbezogen zusammen, in Intervallen. Wir haben kein gemeinsames Atelier, sondern treffen uns gezielt, wenn wir aufgrund unserer bisherigen Arbeiten zu einem Projekt eingeladen werden.

griffelkunst: Wäre es dann nicht naheliegend, diese Arbeiten auch durch einen Gruppennamen zu kennzeichnen?

GV: Nein, in gewisser Weise wäre es eine Einschränkung. So wie wir die Arbeit in der Gruppe praktizieren und verstehen, liegt die Freiheit zu großen Teilen in dem gemeinsamen Gespräch – dieser Prozess lässt sich am besten dadurch beschreiben, dass wir mit unseren eigenen Namen zeichnen. Ein Gruppenname zielt auf Labelbildung. Er hätte etwas von einer Glocke, die die grundsätzliche Offenheit unseres dialogischen Arbeitsprozesses unter Verschluss hält.

griffelkunst: Wie sah Eure Zusammenarbeit an der Edition aus? Womit habt Ihr begonnen? Wie wurden Entscheidungen gefällt?

GV: Wir haben uns zunächst auf die Frottage-Technik geeinigt und uns dann ein Mal bei jedem von uns getroffen. In einer Art Session hat sich dort jeder seine eigenen Oberflächen gesucht und verschiedene Blätter entworfen. Insgesamt sind 54 Blätter entstanden, von denen wir die besten ausgesucht und daraus die Serie zusammengestellt haben.

SH: Die Frottage vermittelt etwas Haptisches, denn der Ort spiegelt sich in den Sachen. Das ist gewissermaßen eine Umkehr der gängigen Reihenfolge: Es gibt nicht eine Zeichnung, nach der eine Skulptur entsteht, sondern die Skulptur ist zuerst da und wird zur Zeichnung gemacht, Objekte werden als Zeichnung verarbeitet. Der dreidimensionale Ort wird über seine Oberfläche zweidimensional abgebildet. So funktioniert die Frottage wie ein Reifenabdruck der Welt.

DJ: Es ging uns darum, eine graphische Erweiterung zu der Arbeit für die Berlin Biennale (bb4) zu finden, die wir jetzt schon dreimal in unterschiedlichen, sich weiterentwickelnden Varianten aufgebaut haben. Beide, die Biennale-Arbeit genauso wie die Edition, basieren auf der Idee von Oberflächen, auf einem Befragen von Oberflächen.

GV: Unsere Arbeitsweise lässt sich als Versuch beschreiben, einen neuen Geschmack in der Kunst zu finden, eine neue Sensibilität und einen neuen Zugang zu den Dingen zu entwickeln. Verschiedenste Zeiten, verschiedenste Wertigkeiten, verschiedenste Materialien sind in der Biennale-Arbeit zu einer Gesamtinstallation zusammengefügt, genauso wie sie in den Frottagen gleichwertig nebeneinander stehen. Sie bilden eine neue Landschaft, eine neue Welt.

DJ: Es sind Alltagsgegenstände, die durch uns als Filter gegangen sind. Durch unseren Zugriff und unsere Auseinandersetzung mit ihnen erfahren sie eine Metamorphose und werden zu einer Art geistigen Landschaft.

GV: In der Biennale-Arbeit gibt es sowohl Objekte aus Kupfer als auch Objekte, die nur mit Kupferfarbe angesprüht sind. Es entsteht eine Diskrepanz zwischen dem Erscheinungsbild der Dinge und ihrer realen Wertigkeit. Die Oberfläche erscheint als Trugbild von Wertigkeiten. Transportiert wird ein Bruch mit der Mate- rialitätsgläubigkeit und gleichzeitig ein Bruch mit der zeitlichen Einordnung der Dinge: Die durch uns hinzugefügte Patina schafft eine neue Oberfläche und eine andere zeitliche Zugehörigkeit.griffelkunst: In dem Katalogtext zur Biennale werden Eure Arbeiten als „Überrest einer seit langem aufgegebenen Vergangenheit“ beschrieben, als Objekte „vermeintlich untergegangener Zivilisationen“. Gibt es so etwas wie eine archäologische Geste?

SH: Ich denke, das hat mit einem grundsätzlichen Zweifel an der Welt zu tun, mit einer Skepsis gegenüber den klassischen Wertigkeiten. Vielleicht entspricht unser Erstaunen über Objekte, entsprechen unsere Neuinterpretationen von Alltagsgegenständen dem Blick und der Herangehensweise eines Archäologen.

DJ: Andererseits sind diese Assoziationen sicherlich auch unserer Arbeitsweise geschuldet. Wir arbeiten nun schon seit fast zehn Jahren zusammen und der Anteil an non-verbaler Kommunikation ist sehr groß. Unsere Treffen haben durchaus ein rituelles Moment und die Arbeiten, die wir in der Folge produzieren, sprechen diese Sprache.

SH: In den Frottagen finden sich Readymades von Gesprächsbrocken. Unsere dialogische Arbeitsweise wird darin sichtbar.

griffelkunst: Kommen wir zum Schluss noch einmal auf Eure Zeit an der Karlsruher Akademie zurück. Vor welchen Büchern habt ihr Euch denn in der Bibliothek getroffen?

DJ: Das waren vor allem Bücher, die damals als unpopulär empfunden wurden. Über Romantik zum Beispiel, das war ja 1996, 97, 98 kein wirklich angesagtes Thema. Uns verbindet ein Interesse an Materialien außerhalb des gängigen Kontextes, Zeitungspapier etwa im Fall von Gabriel, Pastellkreiden und schwarzes Tonpapier bei Sebastian, Salzkristallisationen und Seide bei mir. Auch die Frottage gilt ja eher als verpöntes Medium, das schal riecht und nicht so trendy daherkommt. Uns reizt es, eben gerade diese vermeintlich abgelegten Dinge zu benutzen und etwas ganz Neues daraus zu machen.

SH: Außerdem haben wir uns auch viel mit „No!-Art“ beschäftigt, eine New Yorker Bewegung nach dem Zweiten Weltkrieg und noch vor Pop-Art, die überwiegend aus jüdischen Emigranten bestand. Während ein Großteil der Intellektuellen damals der Ansicht war, die Schrecken des Holocaust ließen sich nicht malen oder bebildern, collagierte die „No!-Art“-Gruppe zum Beispiel KZ-Fotos mit Werbung. Es war eine radikale, unkommerzielle Bewegung von Künstlern, die nach 1945 keine Kunst mehr machen wollten, sondern durch Anti-Kunst, No!-Art die Sichtweise auf Kunst veränderten.

(Hammwöhner, Jakob, Vormstein im Gespräch mit Britta Peters und Harald Rüggeberg, Berlin, Januar 2009)

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Dani Jakob

1970 geboren in Freiburg im Breisgau

 

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