Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>David Tremlett signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>David Tremlett signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>David Tremlett signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>

David Tremlett signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst

<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>

Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst

<p>Eröffnung der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>
<p>Eröffnung der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>
<p>Eröffnung der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>

Eröffnung der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst

<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>

Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst

<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>
<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>
<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>

Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst

Felix Droese

E 419

E 419 Kriegsgeist, 2005
Objekt, Weinflasche mit Korken, Etikett im Offsetdruck
33,3 cm hoch

Hersteller: Felix Droese

Nachdem wir in der Herbstwahl 2005 die Editionen der Gewinner des Fünften Graphikpreises der Griffelkunst-Mitglieder Reiner Ruthenbeck und Stephen Craig mit großem Erfolg ediert haben, führen wir die Reihe nun mit der Realisierung der Vorschläge von Felix Droese und Stephan Balkenhol fort.
Felix Droese brauchen wir Ihnen an dieser Stelle vermutlich nicht mehr ausführlich vorzustellen: Seit Beginn der 80er-Jahre hat er zahlreiche richtungsweisende Editionen mit der griffelkunst aufgelegt, etwas die Scherenschnitt-Serie Eßt mehr Obst (1980) oder die Holzdrucke auf unbelichtetem Röntgenfilm (1986). Zuletzt war er in der Frühjahrswahl 2005 mit einer Radierung vertreten, die aufgrund ihres Titels oben ein Kreuz am Berg, unten schaut Claudia Roth blöd aus der Wäsche auch als humorvoller Kommentar zum tagespolitischen Geschehen verstanden werden kann. In seiner Arbeit Kriegsgeist fällt der Bezug zur weltpolitischen Situation noch deutlicher aus: Sein Multiple besteht aus einer offenen, leeren Weinflasche und einem Korken, der mit einer Kordel am Flaschenhals befestigt ist. Das Etikett auf der Flasche kennzeichnet ihren Inhalt als „Kriegsgeist“, der gerade entweicht oder bereits entwichen ist. Die geöffnete Flasche signalisiert einen gewissen Handlungsspielraum: Sie lässt sich als Aufforderung verstehen, die eigene Verantwortung für den Frieden zu reflektieren.

In einem Gespräch, das wir anlässlich des Katalogs zum Fünften Graphikpreis der Griffelkunst-Mitglieder am 30. August 2005 mit Felix Droese geführt haben, erzählt er, warum für ihn das aktive Einbeziehen des Betrachters von zentraler Bedeutung ist.

Haben Sie ein Lieblingsmultiple aus der jüngeren Kunstgeschichte? Wenn ja, worin besteht für Sie die besondere Qualität dieser Arbeit?

Eines meiner Lieblingsmultiples ist das Objekt zum Schmieren und Drehen (1972) von Joseph Beuys. Es besteht aus einer Blechdose mit Schmierfett und Schraubenzieher. Der Titel sagt eigentlich schon alles, hier geht’s um Bewegung. Genau das macht die Arbeiten von Beuys aus: Die Bewegung und die Erreichbarkeit des Kunstwerks für jedermann. Durch beide kommt der Betrachter ins Spiel. Überhaupt mag ich Multiples, die den Betrachter auffordern, tätig zu werden.
Wenn ich noch ein zweites Multiple nennen darf, dann fällt mir Surprise, Surpri- se von Andy Warhol aus dem Jahr 1968 ein. Es ist zwar kein Multiple, sondern ein Buch. Doch es enthält lauter Dinge, mit denen man als Betrachter etwas machen kann: Eine Schallplatte zum Anhören, ein Schloss zum Aufklappen oder ein weißes Zettelchen zum Rausschneiden. Das sollte man dann in destilliertem Wasser auf- lösen. Das hab’ ich auch gemacht. Kurz erscheint der Schriftzug „Andy Warhol“, dann zerfällt das Papier. Eine Galeristin meinte, damit hätte ich alles zerstört, nun sei das Objekt nichts mehr wert, denn es sei unverkäuflich. Aber ich will es ja gar nicht verkaufen und nun habe ich beides: Das Objekt im Wasserglas und das Buch.
Die Aufforderung des Betrachters zum Mitmachen ist eine Idee Walter Benjamins. Kriegsgeist funktioniert auch so: Die Flasche wird offen angeboten, doch jeder ist aufgefordert, den Kriegsgeist wieder einzufangen. Denn wir leben im Krieg, auch wenn es Leute gibt, die das noch nicht realisiert haben.

Welchen Stellenwert messen Sie dem Multiple heute bei?

Das Multiple hat für mich nie an Bedeutung verloren. Auch meine Edition für Aldi wurde im Internet als Multiple deklariert. Das ist es auch, wenn man es als gesamtes Objekt behandelt, also mit der Verpackung. Aldi war genau die richtige Institution, um ein Multiple zu vermitteln, denn da haben sie zum ersten Mal ein Produkt verbreitet, das an Wert gewinnt, statt verbraucht zu werden.

E 401
„oben ein Kreuz am Berg unten schaut Claudia Roth blöd aus der Wäsche“, 2005
Radierung von handbeschnittener Platte
65,0 x 50,0 cm / 38,7 x 29,0 cm

Papierqualität: BFK Rives 250 g/qm
Drucker: Peter Loeding und Ellen Sturm, Hamburg

Vielen ist vielleicht der Papier-Mensch in der Erinnerung – oder an der Wand – hängen geblieben, den Felix Droese 2002 für die griffelkunst entzwei gerissen hat: Der Zerrissene zerfällt in eine linke und eine rechte Hälfte, entlang der Rissstelle kann er wieder zu einer „ganzen“ Figur zusammengesetzt werden – oder eben auch nicht, ganz nach Ermessen des „Besitzers“ oder Betrachters. Auch dieses Mal teilt der Künstler die Fläche der Radierung in zwei Hälften: Oben ein ausgeschnittenes Bergkreuz, ein Motiv aus der religiösen Bildsprache, unten der Umriss einer Frau, wobei der Künstler durch den Titel eine Verbindung zum tagespolitischen Geschehen herstellt. Was die beiden Hälften des Bildes verbindet, sind die verschiedenen abstrakten und figürlichen Formen, die in der Technik der Radierung sichtbar gemacht werden können. Es bleibt Aufgabe des Betrachters, die Verbindungslinien zu ziehen, doch ist die Nahtstelle nicht so eindeutig zu bestimmen, wie der Riss durch die oben beschriebene Papierfigur.
Wie in anderen Arbeiten Droeses findet man auch in dieser Radierung eine „doppelte Wahrheit“, die Entstehung eines Raumes zwischen zwei Möglichkeiten, links und rechts, oben und unten. In Droeses Werk hat alles zwei Seiten, zwischen denen sich irgendwo das Leben und die Kunst abspielt, jedoch nicht da, wo es der Betrachter erwarten würde. So sind die bildlichen Formen an den Rand gerückt und eröffnen das Spiel der Möglichkeiten der Radierung, das der Künstler, wie er bereits 1984 und 1998 in der griffelkunst bewiesen hat, meisterlich beherrscht. Das vorliegende Blatt verbindet zahlreiche Elemente seiner bisherigen Arbeiten, die er zu neuen Formen verbindet: Die Technik des Scherenschnitts, die man in der handgeschnittenen Platte wiederfindet, die zufällige Form als wiederkehrendes Motiv, wie überhaupt der Zufall eine große Rolle zu spielen scheint. Auch damit lässt Felix Droese die beiden Seiten der Medaille durchscheinen: das Individuelle, Unkalkulierbare und seine Wiederkehr, seine Reproduktion. So lassen sich in der Radierung immer noch Formen der Fundhölzer entdecken, die der Künstler 1982 für seine Holzschnitte verwendet hat, sowie zahlreiche andere Spuren, die wie zufällig ihren Weg auf das Papier gefunden haben und den Übergang von der Form zum Zeichen und schließlich zum Bild markieren.
Droeses Radierung entwickelt sich zwischen dem Erhabenen und dem Politischen, dem Sakralen und dem Profanen. Sie verbindet die Politik mit der Geschichte und die Maßgaben der Ästhetik mit einer Demokratisierung des Bildes, die im Rahmen einer vom Künstler sogenannten „Grundversorgung“ an Kunst zusammenlaufen. So schließen sich Droeses Arbeiten für die griffelkunst und die 2003 für ALDI-Süd entstandene Edition nicht aus. Im Gegenteil markieren auch sie zwei Pole eines gemeinsamen Spektrums und des Anrechts auf gute Kunst. Insofern soll Dr. Christian Krausch recht behalten, wenn er in seinem Kommentar zu Droeses Arbeit im Mitgliederheft Frühjahr 2002 schreibt: „Auffallendes Merkmal aller Arbeiten aber ist Droeses ungebrochenes, durchweg politisches und auf Veränderung gerichtetes Schaffen, das sich aktuellen Strömungen in der Kunst ebenso verweigert, wie es sich den rein finanziell ausgerichteten Strukturen des Kunstmarktes entzieht.“

E 401
219 C1
219 C2
219 C3
219 C4
219 C5
219 C6

Felix Droese

1950 geboren in Singen

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