Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>

Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst

<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>

Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst

<p>Beim Aufbau der Ausstellung von Dasha Shishkin, Herbst 2012 ©griffelkunst</p>
<p>Beim Aufbau der Ausstellung von Dasha Shishkin, Herbst 2012 ©griffelkunst</p>
<p>Beim Aufbau der Ausstellung von Dasha Shishkin, Herbst 2012 ©griffelkunst</p>

Beim Aufbau der Ausstellung von Dasha Shishkin, Herbst 2012 ©griffelkunst

<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>

Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst

<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>
<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>
<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>

Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst

Dirk Stewen

A-Reihe / 374. Wahl, II. Quartal 2019

Auf bedruckten Bögen montierte Prints in verschiedenen Techniken,
teilweise gestanzt und collagiert
42,0 × 29,7 cm

1. ohne Titel (Inkjet-Print, montiert, collagiert)
2. ohne Titel (Digital-Print, montiert und ausgerissen)
3. ohne Titel (Lithographie, gestanzt)
4. ohne Titel (Digital-Print, montiert und gestanzt)
5. ohne Titel (Digital-Print, montiert und gestanzt)

Papierqualität: Bogen: 240 g/qm Munken Pure
Drucker: PIGLAB (1), Druckwerkstatt Loeding & Sturm (3), Reset (2, 4, 5)
Montage: Buchbinderei Thomas Zwang, Hamburg
Mappe: Reset, Hamburg

STEWEN. Die Schätze der französischen Malerei

von Stephanie Bunk

Dirk Stewen entleiht die Form seiner Edition einer Art von Kunstmappen, die in der Nachkriegszeit verbreitet waren. Diese Mappenwerke enthielten Loseblattsammlungen mit Werken meist berühmter Künstler und waren auch für die Wand gedacht, als »Kunst für den kleinen Geldbeutel«. Die Qualität der Drucke war für die Zeit erstaunlich gut, doch wurden sie auf billiges, hadernhaltiges Papier montiert, das schnell vergilbte. Dieses Papier verwendet Stewen als Fonds für neue Werke, vor allem Gouachen. Er stöbert die Kunstmappen in Antiquariaten auf, reißt die eingeklebten Drucke heraus oder nutzt die Rückseiten. Das ursprüngliche Bild ist dann zwar nicht mehr sichtbar, doch die Bögen sind auch kein »unbeschriebenes« Blatt Papier mehr. Sie bringen schon viel an Bedeutung mit, der Titel des einstigen Werks bleibt zurück, und manchmal bleibt auch ein Überrest des herausgerissenen Papiers stehen. Diesen »Bedeutungsrest« greift der Künstler auf und lässt mit ihm oder gegen ihn ein neues Bild entstehen. Die Verbindung zwischen Bild und Text, die sich normalerweise eher zufällig ergibt, hat der Künstler für die Griffelkunst-Edition vorsätzlich manipuliert. Er hat durch das Einsetzen eigener Bildbeschriftungen perfekte Vorlagen geschaffen, die er anschließend in einem zweiten Schritt auf unterschiedliche Weise weiterbearbeitet hat.

Das Ergebnis erinnert an die Kunstmappe eines Künstlergenies aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Die Mappe ist in Transparentpapier eingeschlagen, doch statt des Künstlernamens erwartet auf dem Umschlag ein Augenpaar den Blick des Betrachters. Das erste Blatt der Serie ist eine Stillleben-Photographie. Es zeigt einen hellblauen Daruma in einem schwarzweiß gehaltenen Arrangement aus Telephon und Glasobjekt. Der japanische Glücksbringer wird zur Erfüllung von Wünschen aufgestellt. Dazu wird zunächst ein Auge des Glücksbringers ausgemalt. Erst wenn der Wunsch in Erfüllung gegangen ist, folgt auch das andere. Das Auge des Daruma auf Stewens Aufnahme besteht aus einem getuschten und ausgestanzten Kreis, sodass die Figur aus dem Bild herausblickt. Welcher Wunsch damit verbunden ist, bleibt verborgen. Blatt A4 erlaubt einen Blick auf den Arbeitsplatz des Künstlers: Verschiedene Papiere liegen auf einem Haufen, durch ausgestanzte Löcher scheint das darunterliegende Blatt durch. Obenauf liegt eine Kinowerbung für den Film Bambi. Das Filmstill zeigt das Rehkitz, doch an der Stelle seines Kopfes befindet sich eine kreisrunde Aussparung. Ungeachtet des niedlichen Comicgesichts hat Stewen den Bogen in Konfetti verwandelt. Der Bogen wirkt wie mit Einschusslöchern übersät, als Trompe-l’oeil im Photo und als reale Stanzung, welche die gesamte Graphik perforiert. Sie zeigt die Ambivalenz des Ausstanzens als künstlerischen Akt der Zerstörung und der Neuschöpfung, die Stewen mit großer Leichtigkeit ausübt. Die ausgestanzten Kreise tauchen in Collagen oder zu Schnüren verbunden wieder auf, während die ausgesparten Löcher dem Werk neue (Deutungs-)Ebenen hinzufügen. Die Durchsichten und Schichtungen stellen Beziehungen und Verschachtelungen zwischen den einzelnen Graphiken der Serie her. Stewen verstärkt sie auf diese Weise in ihrer räumlichen Wirkung oder öffnet sie für andere Konstellationen. Selbst die für die Serie entstandene zweifarbige Lithographie (A3) hat Stewen um eine Ausstanzung erweitert. Die Texte auf den Bögen fügen den Motiven eine zusätzliche Ebene hinzu, indem sie eine Systematik vorgeben, die es in dieser Form nicht gibt. Die Serie entpuppt sich als Vexierspiel aus Verweisen und Irreführungen, aus falscher Information und Poesie, Indizien und Geheimnissen, Autobiographischem und Konzeptionellem. Dank dieser Widersprüche erfüllt die Serie ihren Zweck als Kunstmappe, die gerade nicht »Schätze« nur zeigt, sondern einen tiefen Einblick in das Werk von Dirk Stewen erlaubt.

Dirk Stewen

geboren 1972 in Dortmund, lebt und arbeitet in Hamburg. Von 1992 bis 1995 studierte er Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Anschließend studierte er bis 2001 Bildende Kunst an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. 2012/13 war er Stipendiat der Chinati Foundation in Marfa, Texas und 2013 der Villa Aurora, Los Angeles. 2018 waren seine Arbeiten in zwei Einzelausstellungen zu sehen: Transition, Tanya Bonakdar Gallery, New York und Zen and the Birds of Appetite, Gerhardsen Gerner, Oslo. 2017 waren in der Hamburger Galerie Karin Guenther unter dem Titel Negative Photoarbeiten zu sehen.

Dirk Stewen – Griffelkunst

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