E 467 Insektenforscherin I, 2010
Radierung, handkoloriert
45,0 x 34,0 cm / 29,5 x 19,5 cm
E 468 Insektenforscherin II, 2010
Radierung, handkoloriert
45,0 x 34,0 cm / 29,5 x 19,5 cm
Papierqualität: 350 g/qm Zerkall-Bütten
Drucker: Peter Loeding und Ellen Sturm, Hamburg
Die Hamburger Malerin Inge Pries haben wir bereits 2008 mit einer Serie von sechs Farblithographien vorgestellt, in der sie einsame, tragikkomische Figuren in den Mittelpunkt ihrer Erzählungen gestellt hat. Skurrile Szenen menschlicher Einsamkeit, die sich in ganz unterschiedlichen Obsessionen äußern, sind immer wieder Thema in ihren Arbeiten.
Kuriose Individuen stellt sie uns auch in ihrer aktuellen Edition vor. Die zwei handkolorierten Radierungen, Insektenforscherin I und II, gehen zurück auf zwei Aquarelle, die Ende der 1990er Jahre entstanden sind. In ihnen zeigt die Künstlerin zwei Tierforscherinnen in Aktion. Wie in anderen Werken der Künstlerin stützt insbesondere die Kleidung der dargestellten Figuren das Gesamtthema der Erzählung: Eine als Fliege verkleidete Insektenfängerin bedient jedes Klischee dieser kuriosen Spezies. Sie schleicht durch Flora und Fauna und ihre als Tarnung angelegte Verkleidung verschmilzt mit ihrem eigenen Körper: der übergehängte, haarige Pelz, die transparenten Flügel, ein an den Gürtel gehängtes Insektenbein und die aufgesetzten Fühler sind Attribute einer bedrohlichen Metamorphose. So scheint sie sich schließlich selbst in jenes Insekt zu verwandeln, das sie erforscht.
Eine zweite Insektenforscherin besticht durch die Erfindung der eigenen Ausrüstung: ihr Kamerastativ ist einem Baum nachempfunden, sie selbst hat sich einen Käferpanzer übergestülpt, in dem sie zu erstarren scheint. Beide Figuren zeigen in ihrer Verschmelzung mit der angelegten Tarnung geradezu kafkaeske Momente. Die Verwandlung zum Insekt drängt sich in der Betrachtung der Protagonistinnen auf und verleiht der Szenerie eine düstere Komik.
Beide Arbeiten sind als Strichätzungen angelegt und von der Künstlerin handkoloriert. Dadurch erhalten Sie eine ganz eigene Qualität und insbesondere die Stofflichkeit der in der Radierung angelegten Materialien wie Pelz, Flügel und Panzer wird durch die Aquarellfarbe hervorgehoben. Adjektive wie weich, leicht, durchsichtig und hart werden so in den Graphiken von Inge Pries sinnfällig.
C-REIHE, 332. WAHL, IV. QUARTAL 2008
Farblithographien
1. Fliegen haben kurze Beine 51,0 x 40,0 cm / 31,0 x 27,0
2. Rendez-vous 51,0 x 40,0 cm / 27,5 x 24,7
3. Andy Get Your Gun 51,0 x 40,0 cm / 27,0 x 25,0 cm
4. Kuckuck 51,0 x 40,0 cm / 29,0 x 22,5 cm
5. Aussteuer 51,0 x 40,0 cm / 27,0 x 20,5 cm
6. Waffenbraut 51,0 x 40,0 cm / 29,0 x 24,5 cm
Papierqualität: Zerkall Bütten 210 g/m2
Drucker: Tabor Presse, Berlin
Einsame, tragikkomische Figuren finden sich in den Bildern der Hamburger Künstlerin Inge Pries. In ihren Zeichnungen und Ölbildern erzählt sie komplexe Geschichten, die sich aus ihrer Neugier an menschlichen Themen entwickeln: Mensch und Tier, Mensch und Natur, Mensch und Leben.
In ihrer Malerei greift Inge Pries dabei nicht auf bestehende Bildvorlagen zurück, sondern sucht nach inneren Bildern: „Im Prinzip sind meine Arbeiten eine Aufarbeitung von dem, was ich gesehen habe und durch mein Erinnerungsvermögen gelaufen ist. Wie bei einem Sieb kommen bestimmte Bilder durch, vermengen sich mit anderen und es entsteht etwas Neues.“ Ihre Geschichten entwickeln sich langsam während des Malens und Zeichnens. Es gibt keine Skizzen oder Vorarbeiten zu ihren Bildern. Vielmehr beginnt die Künstlerin direkt – meist ausgehend vom Gesicht des Hauptdarstellers – die Entwicklung des Bildes. Insbesondere die Kleidung der Protagonisten stützt dabei das Gesamtthema der Erzählung. Inge Pries setzt Mythen ins Bild, die sie in ihrer Darstellung stark überzeichnet und teilweise ins Ironische zieht. So entstehen assoziative Geschichten um Individuen, die häufig isoliert und einsam wirken. Auch in den für die griffelkunst entwickelten Farblithographien steht der Mensch im Mittelpunkt. Skurrile Szenen menschlicher Einsamkeit, die sich in ganz unterschiedlichen Obsessionen äußern, hat die Malerin in filigranen, detailreichen Zeichnungen auf den Lithostein gebracht. Geradezu kafkaesk wirkt der Fliegenmann, dessen Körper gerade beginnt, sich einer unheimlichen Metamorphose zu unterziehen. Anklänge an Science Fiction-Filme, deren Ästhetik Inge Pries fasziniert, sind hier zu finden.
An eine Heiligenfigur erinnert die bieder gekleidete Frau in „Kuckuck“. Ihr Mund wirkt merkwürdig verformt, vor ihr hockt der graue Vogel, von dem sie sich befreit zu haben scheint. Die Dame entpuppt sich zur lebenden Kuckucksuhr, ein Martyrium, das sie diszipliniert ertragen hat. Urdeutsche Attribute setzt die Künstlerin hier ins Bild und kombiniert sie zu einer assoziativen Geschichte.
Nach der Geburt ihres Sohnes Ende 2000 stellte Inge Pries mit einer Serie von Westernbildern ihre Arbeit in einen neuen Kontext. Der Wilde Westen, die Cowboys als Mythos, werden von der Künstlerin in ihren Arbeiten persifliert. So zeigt sie in „Aussteuer“ einen Mexikaner, der sich in Handarbeit eine Pistole näht. Die „Waffenbraut“ hingegen, eine stolze Mexikanerin, ist bis unter die Zähne bewaffnet, ihr gesamter Körper ist über und über mit Pistolen gespickt.
Für die griffelkunst hat Inge Pries ihre komplexen Bildwelten erstmalig in eine druckgraphische Arbeit übersetzt. Während in ihrer Malerei die Farben Ausgangspunkt für die Erzählung sind, entwickelt sie in ihren Lithographien die Narration aus der Zeichnung.
Inge Pries
1958 geboren in Bad Schwartau