Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>
<p>Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst</p>

Drucker Detlef Jäger beim Auftragen der Farbe auf eine Radierplatte ©griffelkunst

<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>

Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst

<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>

Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst

<p>Prof. Hanns Schimansky und Studierende bei der Betrachtung von Graphiken an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>
<p>Prof. Hanns Schimansky und Studierende bei der Betrachtung von Graphiken an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>
<p>Prof. Hanns Schimansky und Studierende bei der Betrachtung von Graphiken an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>

Prof. Hanns Schimansky und Studierende bei der Betrachtung von Graphiken an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst

<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>

Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst

Katharina Sieverding

Jenseits des logischen Raums

von Silke Müller

Die Frage »Wann kann Kunst Widerstand leisten?« habe sie seit Beginn ihres Studiums beschäftigt, erzählt Katharina Sieverding im Dokumentarfilm Body of Truth der Regisseurin Evelyn Schels. Nach der Erschießung Benno Ohnesorgs während des Schah-Besuchs in Berlin am 2. Juni 1967 wechselt sie an der Düsseldorfer Kunstakademie in die Klasse von Joseph Beuys. Und sie beginnt, sich eine eigene politische Ikonografie zu erarbeiten. Seit über 50 Jahren lotet sie die Bedingungen und Möglichkeiten des Mediums Photographie aus und entwickelt über diese konstante Bearbeitung sowohl formaler als auch inhaltlicher Fragen eine unverwechselbare, oft farbgewaltige Bildsprache. Während in der feministischen Kunst seit den 1960er-Jahren vor allem der weibliche Körper als Material und Medium erkundet wird, nutzt Sieverding das eigene Gesicht als Ausdruck einer weiblichen, selbstbewussten Verfasstheit und besteht auf die Sichtbarkeit des Künstlerinnen-Ichs auch innerhalb des Werks.

Im Dialog mit ihren überdimensionalen, solarisierten Selbstporträts verhandelt sie Themen wie Nationalsozialismus, Widerstand, Täter- und Opfer- Konstellationen, Macht und Gewalt, Flucht und Vertreibung. Dabei ruft sie die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen auf, schöpft inhaltlich aus eigenen Erfahrungen und verknüpft sie mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatten. Bis heute entsteht auf diese Art ein in seinen Mitteln und Motiven herausforderndes und selbstbewusstes Werk einer Künstlerin, die mehr als bereit ist, ihre Positionen und die Wirkungsmacht der Visualisierungstechnologien kritisch in ihrer Kunst zu formulieren.

Unter dem Titel Die Sonne um Mitternacht schauen arrangiert Katharina Sieverding seit den 1960er-Jahren Werkblöcke aus monumentalen Porträts und Sonnenbildern. Für die griffelkunst wählte sie eine Serie von Sonnenbildern aus, die sowohl bildgebende Verfahren als auch unsere Vorstellungskraft an ihre Grenzen führt: Es sind Photographien von der Sonne, wie sie der Satellit SDO der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA täglich ins Internet funkt. Jenseits der philosophischen und astronomischen Bedeutung des In-den-Himmel-Schauens geht es längst um mehr als den Blick nach oben. Die Eroberung von Lebensräumen, die Erschließung neuer Energieformen und die immer akuter werdende Frage danach, wem das Weltall eigentlich gehört, schwingen in diesen verführerisch schönen Bildern mit.

Das Teleskop erfasst Sonnenmaterial bei verschiedenen Temperaturen und zeichnet die Sonnenatmosphäre in mehreren Wellenlängen auf. Gemessen werden diese Wellenlängen in der Einheit Ångström, benannt nach dem schwedischen Physiker Anders Jonas Ångström. Ein Å entspricht dem zehnmillionsten Teil eines Millimeters. Auf den Bildern, die eine Wellenlänge von 171 Å aufzeichnen, ist das Sonnenmaterial etwa eine Million Grad Celsius heiß. Im Farbspektrum entsprechen 171 Å einem extremen Ultraviolett. Die hellsten Stellen auf den Bildern markieren Orte, an denen das magnetische Feld der Sonnenstrahlung besonders stark ist. Das flirrende, stechende Blau ist eine gestalterische Entscheidung, die Wissenschaftler bei der Konzeption der bildgebenden Verfahren getroffen haben. Es geht um die Sichtbarmachung von etwas, das sich mit bloßem Auge nicht erfassen lässt. Und vielleicht ist es genau dieser imaginäre, unsere Vorstellung befeuernde Aspekt an der vermeintlich objektiven Darstellung der Sonne, der Sieverding fasziniert: Die Welt (und auch das Weltall) ist nicht nur alles, was der Fall ist, sondern vielmehr alles, wovon wir uns ein Bild machen können. Wir verlassen zu einem gewissen Grad den logischen Raum, wenn wir diese hochkomplexen, wissenschaftlichen Bilder betrachten. Und was interessiert Künstlerinnen und Künstler mehr als ein Bild, das nicht abbildet, sondern erschafft?

380 B1
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Katharina Sieverding
geboren 1944 in Prag.
1964–1967 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf.
1972 Abschluss als Meisterschülerin von Joseph Beuys.
1992–2007 Professur an der HdK Berlin.
2004 erhielt Sieverding den Kaiserring der Stadt Goslar.
Ihre Werke wurden in zahlreichen Ausstellungen weltweit präsentiert.
Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin und Düsseldorf.

Vom 7.11.2020 bis 4.4.2021 zeigen die Deichtorhallen Sammlung Falckenberg Hamburg die Ausstellung Katharina Sieverding: Photography, Projections, Installations 1966–2020.

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