Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>

Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst

<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>
<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>
<p>Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst</p>

Drucke von Anja Tchepets entstehen ©griffelkunst

<p>Aufbau Installation Thorsten Brinkmann “Ernie & Se King”, Kunstraum Seilerstraße 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Aufbau Installation Thorsten Brinkmann “Ernie & Se King”, Kunstraum Seilerstraße 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Aufbau Installation Thorsten Brinkmann “Ernie & Se King”, Kunstraum Seilerstraße 2011 ©griffelkunst</p>

Aufbau Installation Thorsten Brinkmann “Ernie & Se King”, Kunstraum Seilerstraße 2011 ©griffelkunst

<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>

Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst

<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>
<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>
<p>Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst</p>

Eine Radierung entsteht, Druckwerkstatt der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ©griffelkunst

Sven Johne

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Mappe

A-Reihe / 376. Wahl
IV. Quartal 2019

Siebdruck
70,0 × 50,0 cm

Anomalien des frühen 21. Jahrhunderts /
Einige Fallbeispiele (Hamburger Version)
1. »Wahnsinn. Die Antwort auf alle Fragen.«
2. »Ich will zu meiner Mama!«
3. »Wir sind im Krieg mit der Natur. Wir sind im Krieg mit uns selbst.«
4. »Es ist 17 Uhr. Um 16 Uhr sollte ich tot sein.«
5. »Im Koran fi nde ich Sicherheit und Halt.«
6. »Ich bin nur ein Mensch und keine Maschine.«

Papierqualität: 300 g/qm Maxioffset
Hersteller: Hartmut Tauer, Leipzig
Mappe: 400 g/qm Maxioffset
Hersteller Mappe: Reset St. Pauli Hamburg

»Jeden Morgen ein Lächeln.«

von Stephanie Bunk

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht wacht nicht jede der von Sven Johne ausgewählten Personen der Arbeit Anomalien des frühen 21. Jahrhunderts/Einige Fallbespiele auf. Für seine Serie aus dem Jahr 2015 hat der Künstler Geschichten von Menschen gesammelt und aufgeschrieben, wie sie uns täglich in den Nachrichten begegnen. Die Anomalien entpuppen sich bei genauerem Hinsehen sehr schnell als der ganz normale Wahnsinn, der täglich durch die Medien an uns herangetragen wird. Mal sind es ganz positive Meldungen, zum Beispiel, wenn ein arbeitsloser Maschinenschlosser aus Polen neuer Weltmeister im Pfahlhocken wird und so zu einem für ihn beträchtlichen Preisgeld kommt. Doch selbst solche Schlagzeilen vermitteln den Eindruck einer Gesellschaft in Auflösung. Die Episoden geben einen Einblick in die Isolation von gesellschaftlichen Absteigern, Umsteigern und Aussteigern, also von Menschen, die durch das gesellschaftliche Raster gefallen sind oder dieses ganz bewusst verlassen haben. Johne zeigt aber auch die Lebenshaltung von Gewinnern, die in Zeiten des Neoliberalismus überproportional vom Kapitalismus und der Globalisierung profitieren. Zu den Profiteuren zählt zum Beispiel der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der mit einer Anekdote vertreten ist und der ganz sicher gut lachen hat. Ob sich die von Johne beschriebenen Fälle genauso zugetragen haben, lässt der Künstler offen. Glaubhaft sind sie jedoch alle. Die im Stil von Newsartikeln verfassten Geschichten werden von Porträtphotos aus dem Internet begleitet. Die teilweise prominenten, teilweise unbekannten Gesichter können nicht eindeutig einzelnen Schicksalen zugeordnet werden, sondern laden parallel zu den aufgeschriebenen Fallgeschichten zu Spekulationen ein.

Sven Johne zählt zu den wichtigsten Vertretern der konzeptionellen Photographie, wobei zu seinem Werk neben installativen Photoarbeiten auch Videos gehören. Die Arbeit Anomalien des frühen 21. Jahrhunderts / Einige Fallbeispiele besteht aus 66 Kurzgeschichten und 90 Porträtphotos, die einzeln gerahmt bereits in vielen wichtigen Ausstellungen gezeigt wurden, u.a. 2018 auf der ersten Biennale in Riga. Im gleichen Jahr war die Arbeit in modifizierter Form auch im Rahmen der Ausstellung [control]no control in der Hamburger Kunsthalle zu sehen. Für den konkreten Raum dort wurde die Arbeit zu einer überdimensionalen Plakatwand, auf der verschiedene Schichten und Ebenen einander überlagerten. An diese Form schließt auch die Gestaltung der Edition an, die Sven Johne zusammen mit dem Graphiker Helmut Völter entwickelt hat. Jeder Druck der Edition funktioniert als einzelnes Motiv und beinhaltet eine besondere Auswahl an Fallbeispielen. Zusammengesetzt ergeben sie eine Wandarbeit im Format 140 × 150 cm zu der auch eine Mappe entstanden ist.

Die Auswahl der »Fallbeispiele« erscheint zunächst willkürlich. In der Summe greifen sie zentrale Themen – und Ängste – unserer Zeit auf. Sie erzählen von Arbeitslosigkeit und Leistungsdruck, Armut und Dekadenz, Islamismus und Marstourismus. Wie ein Mosaik geben die einzelnen Bruchstücke im Zusammenspiel ein Porträt der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts wieder, das nicht sehr positiv ausfällt. Bei aller Gesellschaftskritik schwingt jedoch auch eine ordentliche Portion schwarzer Humor in der Arbeit mit, sodass man ein Schmunzeln über die Kuriositäten manchmal nicht unterdrücken kann. Uns hat vor allem gefreut, dass auch die Geschichte des Schwimm-Weltmeisters Markus Deibler in der Auswahl für die Edition vertreten ist: Hätte er nicht die Nase vom Schwimmsport voll gehabt und direkt nach seinem Weltrekord über 100 Meter das Handtuch geworfen, hätten wir heute nicht eine der besten Eisdielen Hamburgs gleich um die Ecke der griffelkunst!

Sven Johne

geboren 1976 in Bergen auf Rügen, studierte von 1998 bis 2006 Photographie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Timm Rautert.
Er lebt und arbeitet in Berlin. Anomalien des frühen 21. Jahrhunderts / Einige Fallbespiele wurde kürzlich vom Museum Folkwang in Essen erworben und dauerhaft installiert. Außerdem ist 2016 ein Künstlerbuch dazu bei Spector Books erschienen. Weitere aktuelle Ausstellungen:
Lieber Wladimir Putin, Video Works 2009–2019, Galerie für Gegenwartskunst, E Werk, Freiburg; Speaking Images, Fluentum Collection, Berlin; Fakt Haberkorn / Sven Johne, KLEMM’S, Berlin.

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