E 610
And that’s just what they’ll do
E 611
I’d never done before – again
Lithographie
70,0 × 57,0 cm / 61,0 × 48,5 cm
Papierqualität: 250 g/qm Somerset Bütten
Druck: Tabor Presse, Berlin
Mythologische Kreaturen – getuscht, gezeichnet und gesprayt
Für ihre großformatigen Gemälde nutzt Jenny Brosinski grobe, ungrundierte Leinwände, über die sie gesprayte Linien zieht und opake Flächen setzt, die sie mit transparenten Formen und manchmal auch Schmutzpartikeln überzieht und überklebt. Ihre häufig in Clustern angeordneten Kompositionen wirken spontan, wie hingekritzelt. Es verwundert nicht, dass sie Cy Twombly oder Joan Mitchell als Referenz nennt. Die Leichtigkeit und Spontanität ihrer Malerei hat die Künstlerin in die Lithographie geholt. Darüber, wie ihre prozesshaften Arbeiten auf der Leinwand und dem Lithostein entstehen, hat Brigitte Bedei mit ihr im August 2024 ein Interview per E-Mail geführt.
griffelkunst: Jenny, du bist Malerin. Deine großformatigen Arbeiten sind abstrakt und zeigen Gesten und Markierungen, wie verwischte Flecken oder gesprayte Linien, Farbspritzer, Überklebungen und Schmutzspuren. In einem Interview im aktuellen Kunstforum wird deine Arbeit als »dirty minimalism« bezeichnet. Wie arbeitest du?
Jenny Brosinski: Mit Leinwänden auf dem Boden liegend, in verschiedenen Formaten, beginnt, relativ spielerisch, die nächste Serie. Ich arbeite in Serien, meist sind es um die 10 unfertige Werke um mich herum, die mich immer wieder herausfordern, die Balance und den richtigen Fokus zu finden. Bestenfalls entdecke ich Neues oder überliste mich selbst im Prozess.
griffelkunst: Andere Werke zeigen eine Ansammlung von Zeichen, die kreaturartige Formen auf der Leinwand bilden. Figürlich wird es auch in den beiden Farb-lithographien, die du für die griffelkunst entwickelt hast. Stier und Kopffüßler erinnern an Comic-Figuren. Was inspiriert dich?
Jenny Brosinski: Mythologisch aufgeladene und vielleicht sogar überladene Figuren wie den Stier mag ich, aber auch die ersten Höhlenmalereien und Kinderzeichnungen haben für mich einen besonderen Reiz. Mein Studio ist voll von Büchern – viele Monographien und kunsthistorische Abhandlungen oder Doktorarbeiten zu besagten Themen kann man dort finden. Von Picasso, über Dubuffet, Twombly und die CoBrAGruppe habe ich einiges um mich, aber auch ungegenständliche Bezüge, wie Frankenthaler und Mitchell, sind wichtig für mich. Generell interessiere ich mich sehr für Farbe an sich, also auch für gegenständliche Positionen – Farben, Aufträge. Filme, Zitate, Musik, Popkultur – also sehr Alltägliches hält ebenso Einzug in meine Arbeiten.
griffelkunst: Wie deine Malerei wirken auch deine Lithographien spontan auf den Stein gebracht. Da es sich jedoch um Drucke von jeweils vier Druckformen mit mehreren Farben handelt, musstest du hier planerisch vorgehen. Wie hast du deine Motive in die Lithographie übersetzt?
Jenny Brosinski: Meine Lithos entstehen auch eher spontan. Generell mag ich es, genau hinzusehen, Formen und Farben zu zerlegen. Oftmals wurde auch schon geschrieben, ich würde dekonstruieren. Wahrscheinlich hilft mir das in der Lithographie. Mit Spiegeln oder konkreten Vorlagen zu arbeiten, nimmt meinem Prozess die Spontanität. Meist schaue ich mir meine eigenen Malereien an und frage mich, ob es möglich wäre, diese in eine Lithographie umzusetzen und wie ich vorgehen könnte. Die ersten Pinselstriche werden ganz spontan auf den Stein gesetzt, aber ich denke mein Motiv schon in unterschiedlichen Farbtönen. Damit ich eine Orientierung habe, skizziere ich die Farben des ersten Steins mit Hilfe von Transparentpapier – dann reagiere ich wieder unmittelbar auf diesen Anhaltspunkt. Mehr nicht.
griffelkunst: Der Titel And that’s just what they’ll do stammt aus einem Songtext von Nancy Sinatra. Sind deine Titel von Songs beeinflusst?
Jenny Brosinski: Nicht alle, aber einige Titel beziehen sich auf Songtitel oder Filmzitate. Ich höre während des Malens keine Musik, aber gelegentlich kommen mir während des Prozesses Songs in den Sinn. Wenn ich das bemerke und einen Bezug zu der Arbeit herstellen kann, benutze ich diese gern zur Titelfindung.
Jenny Brosinski
1975 geboren in Celle, lebt und arbeitet in Berlin