A-Reihe, 343. Wahl, III. Quartal 2011
Dap Stones
Farbradierungen, Mischtechnik
Dap Stones 1
56,5 x 48,5 cm / 40,0 x 36,0 cm
Dap Stones 2
56,5 x 48,5 cm / 40,0 x 34,0 cm
Dap Stones 3
56,5 x 48,5 cm / 41,0 x 42,0 cm
Dap Stones 4
56,5 x 48,5 cm / 54,0 x 37,5 cm
Dap Stones 5
56,5 x 48,5 cm / 45,0 x 39,0 cm
Dap Stones 6
56,5 x 48,5 cm / 47,0 x 40,0 cm
Papierqualität: 300 g/qm Hahnemühle
Drucker: Kunst- und Radierwerkstatt W. Jesse, Inh. M. Jäger, Berlin
Wechselspiele
von Brigitte Bedei
In ihren Bildern schafft Ina Geißler geometrische Kompositionen mit ineinander verschachtelten Raumeinheiten, die sich aus zahlreichen gemalten Linien, Flächen und Strukturen zusammensetzen. Es sind gemalte Bildräume, welche die Künstlerin Schicht für Schicht konstruiert, indem sie Farbfläche über Farbfläche legt und schließlich zu einem komplexen Bildganzen verwebt. Die virtuellen Bildräume zeigen kein glattes, technologisches Design, vielmehr setzt die Malerin mit ihren dicht und schnell aufgetragenen Pinselflächen ganz bewusst ein Gegengewicht zu der abstrakten Formensprache. Die Raumwirkung der Bilder ergibt sich dabei durch die aktive Mitarbeit des Betrachters, der durch Ina Geißlers Arbeiten in besonderem Maße gefordert wird.
Über ihre Malerei und die besondere Rolle, die sie dem Betrachter ihrer Arbeiten zuweist, hat Ina Geißler geschrieben:
Dynamische Bildsphären
Meine Malerei geht für mich aus einem Wechselspiel hervor. Dieses ergibt sich aus dem Konflikt des Bildes per se, durch die Unendlichkeit seiner illusionistischen Möglichkeiten, entgegen der Begrenzung von Rahmen und Flächigkeit.
Mit meinen gemalten Bildsphären erforsche ich dieses Paradox. Ich schaffe Fragmente, welche als räumliche Symbole deutbar sind. Zugleich löse ich den so entstandenen Raum durch die vielfache Überlagerung von Farben und Formen wieder auf.
Diese nicht eindeutige Lesbarkeit von Bildern ist für mich ein Gegenentwurf zum gesellschaftlich vorherrschenden „passiven Konsum“. Für mich bezieht sich der Blick auf eine Bildwelt, welche nicht an ihren Rahmenkanten endet, sondern unendlich mit dieser Welt verstrickt ist.
Um die Raumwirkung meiner Bilder immer wieder neu zu sehen, bedarf es einer aktiven Rezeptionshaltung. Durch ihre Offenheit möchte ich weitmöglichst die inneren Veränderungen der Wahrnehmung selbst thematisieren, welche zwischen Betrachter und Bild stattfinden: Gegebenes kann so innerlich frei sortiert, transformiert, überblendet, ergänzt werden.
Statt den Blick zu verstellen und ihn an Äußeres anzupassen, bringen sie den Blick beim Betrachten in Bewegung. Ich lade mit meiner Malerei zur Bewusstwerdung der dem Betrachter eigenen Wahrnehmungen ein.
Ausgangsmaterial für die sechs Farbradierungen, die Ina Geißler für die griffelkunst entwickelt hat, sind Aquarelle aus der Serie „open ends“. Ihre dynamischen Bildsphären hat sie virtuos in die graphische Technik überführt und dabei die gesamte Bandbreite der malerischen Variante der Radierung ausgeschöpft mittels verschiedener Ätz- und Kaltnadelverfahren. Alle sechs Bildmotive entwickelt die Künstlerin aus Kreisformen, die sie durch die Überlagerung von Farben und Formen zu komplexen Raumwelten konstruiert. Spannungsreich setzt sie blaue Kreisformen über schwarzweiße Pinseltexturen; Kreislinien, Scheiben und Gucklöcher erlauben immer wieder den Blick in tiefer liegende Bildschichten. Fast hypnotisch ziehen überlagernde Rautenelemente den Blick des Betrachters ins Bild. Zum Teil drängen sich strenge, mit dem Lineal gezogene, geometrische Formen aus einem malerisch angelegten Hintergrund. Eine zusätzliche räumliche Ebene schafft sie durch den Einsatz von Druckschablonen, mit denen sie Prägungen ins Motiv setzt.
Das rechteckige Bildformat erzeugt zusätzlich eine formale Spannung. Mit der im Motiv angelegten Kreisform sprengt sie die Bildfläche auf, ruft Illusionen hervor entgegen der Begrenzung der Fläche. Eine Entgrenzung erfolgt auch in technischer Hinsicht: da das Format der Radierplatten größer ist als das gewählte Papierformat, verzichtet die Künstlerin ganz bewusst auf den beim Druck üblichen Plattenrand. So gelingt Ina Geißler einerseits eine Verunklärung der Technik und gleichzeitig eine Öffnung des Bildraumes.
Wie in ihren Aquarellen verwendet sie auch in der Druckgraphik matte Farben, die den Blättern in ihrer Transparenz einen ganz eigenen Reiz verleihen. Es ist ein intelligentes Spiel mit Form, Farbe und Raum, zu dem uns Ina Geißler einlädt und uns herausfordert, unsere Wahrnehmung von Räumlichkeit zu reflektieren.
geboren 1970 in Hamburg