Radierung
E 525
Shifted Mountains VII, 2016
98,5 × 72,0 cm / 85,5 × 61,5 cm
E 526
Shifted Mountains VIII, 2016
98,5 × 72,0 cm / 85,5 × 61,5 cm
Papierqualität: 250 g/qm Zerkall Alt Bern
Drucker: Atelier für Druckgrafik, Hamburg
Oszillierende Landschaften
von Brigitte Bedei
In seinem malerischen Werk beschäftigt sich Frank Wiebe mit der Darstellung von Natur und Landschaft, wobei er zum einen die kunst- und kulturgeschichtliche Tradition und zum anderen physikalische und biologische Phänomene im Blick hat. »Grundsätzlich geht es in meiner Malerei um die Erkundung der Welt und um das Thema Reise«, sagt Frank Wiebe. Dabei versucht er, Landschaft anders zu definieren, die menschliche Dimension, realistische Komponenten und jeden Anflug von Romantik aus seiner Arbeit herauszuhalten. Als Vorlagen dienen ihm dabei historische Zeichnungen und photographische Dokumente ebenso wie Quellen, die er im Internet findet.
Bereits 2014 beginnt Frank Wiebe mit der Arbeit an der Serie Shifted Mountains. Sein Sujet sind oszillierende Berglandschaften und Territorien, die er von verschiedenen Blickwinkeln aus ins Bild setzt. Bis heute ist neben großformatigen Gemälden eine Reihe von acht Radierungen entstanden, in denen der Künstler seine filigranen Landschaften entwickelt. Auf-, Durch- und Untersicht gehen ineinander über – ein Versuch, die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Strukturen und Formen sichtbar zu machen. So entstehen geometrische Konstellationen, die sich zwischen Abstraktion und konkreter Darstellung, Präzision und Expressivität, Transparenz und Dichte bewegen.
Für die griffelkunst hat Frank Wiebe zwei großformatige Radierungen geschaffen, die sich der Serie der Shifted Mountains zuordnen lassen. Die Graphik Shifted Mountains VII zeigt die silhouettenhafte Ansicht eines Bergmassivs auf schwarzem Grund. Aus zarten Strukturen und flirrenden Punkt- und Liniengeflechten erhebt sich die zweidimensionale Zeichnung zu einer räumlich angelegten Bergkonstruktion. Wie in einer Röntgenaufnahme lässt uns der Künstler in den Berg hineinschauen und das Changieren zwischen Auflösung und Manifestation, das Wiebe als eines seiner zentralen malerischen Verfahren benennt, wird sinnfällig. Die zweite Arbeit zeigt eine umrisshafte Kontinent- oder Inselform, in der rot angelegte Strukturen sich auf türkisfarbenem Grund zu einer territorialen Fläche formieren.
Die Darstellung bleibt skizzenhaft in der Schwebe und lässt in ihrer graphischen Ausführung an eine Kartierung denken. Andere Partien sind expressiv angelegt und stehen den geometrischen Formen entgegen. Wiebes kartographisch wirkende Landschaftsdarstellungen sind ein Wechselspiel zwischen messbarer Welt und Imagination, die dem Betrachter Raum zum Assoziieren lassen.
Frank Wiebe wird 1959 in Bielefeld geboren. Von 1982 bis 1988 studiert er an der Universität der Künste Berlin.
Neben Institutionen wie dem Nolde Museum Berlin und dem Ernst Barlach Museum in Wedel stellt die Kunsthalle Emden 2015 seine Werke in einer Einzelausstellung aus. 2011 erhält er den Ernst-Barlach-Preis. Wiebe lebt und arbeitet in Hamburg. 2016 erscheint der Katalog Frank Wiebe – Shifted Mountains im Kerber Verlag anlässlich seiner
Ausstellung in der Galerie Michael Haas in Berlin.