B-Reihe / 345. Wahl I. Quartal 2012
Sieb- und Offsetdrucke
Prognose für das Jahr 2137, I–VI
1. Druck I
45 x 34 cm / 42,5 x 32 cm
2. Druck II
45 x 34 cm / 42,5 x 32 cm
3. Druck III
45 x 34 cm / 42,5 x 32 cm
4. Druck IV
45 x 34 cm / 42,5 x 32 cm
5. Druck V
45 x 34 cm / 42,5 x 32 cm
6. Druck VI
45 x 34 cm / 42,5 x 32 cm
Papierqualität: 300 g/qm Hahnemühle Altworms 280 g/qm BFK Rives
Drucker: Mike Karstens, Münster
Unaufhörlich tickt die Zeit
von Brigitte Bedei
Mit dem Düsseldorfer Künstler Bogomir Ecker ist die griffelkunst seit nunmehr 30 Jahren verbunden. Als Künstler hat er bereits drei Editionen für unsere Vereinigung realisiert und war darüber hinaus 16 Jahre lang Mitglied der Jury, die für die Künstlerauswahl zuständig ist. Die Einbahnstraße der Ohren war der Titel einer ersten Buch- und Stanzdruck-Serie für uns, die aus sechs Doppelblättern bestand. 1990 erschien eine Reihe von sechs Stanz- und Siebdrucken auf Gummiplatten. Schließlich dienten ihm 1993 zwei reproduzierte Zeitungsseiten als Druckträger, die auf der Vorderseite mit Aluminium-Hammerschlaglack versiegelt und von Ecker mit zusätzlichen Loch-Stanzungen versehen wurden. 2009 schied Bogomir Ecker als Mitglied der Jury aus, versprach uns aber noch eine Edition, die wir Ihnen nun mit großer Freude ankündigen möchten.
Wer nichts sieht, der hört auch nichts heißt eine Arbeit Eckers, die 1986 entstanden ist. Es ist eine Installation, gebaut aus Schalen, Blechen und Trichtern, ein Formenkanon, der immer wieder in seinen raumfüllenden Installationen, Skulpturen und skizzenhaft angelegten Zeichnungen auftaucht. Seine Objekte sind dabei als Bildmetaphern zu verstehen, mit denen er Kommunikationsformen visualisiert und elementaren Sinneswahrnehmungen nachspürt. Im Zeitalter der Massenmedien stellt der Künstler folgerichtig die Frage, wie Technik auf unsere Sinne ein- und sich damit auch auf unsere Wahrnehmung und unser Denken auswirkt. Medien, Technik und Kommunikation sind die Ausgangspunkte vieler orts- und kontextbezogener Skulpturen, raumgreifender Installationen sowie lokaler Interventionen von Bogomir Ecker.
Eine seiner schönsten Erfindungen ist die Tropfsteinmaschine. Entwickelt aus dem Wunsch, eine »andere Maschine« zu entwerfen, die nicht dem Prinzip der Zeitmaximierung und der Produktverwertung folgen sollte, entstand Anfang der achtziger Jahre die Idee zur Tropfsteinmaschine. »Ich habe das Glück, Anker in die Zukunft werfen zu können«, kommentiert Ecker seine großartige Arbeit, die nach aufwendigen Recherchen, Planungen und Versuchen im Dezember 1996 in Betrieb genommen wurde. Bereits in den Bauplänen der Hamburger Galerie der Gegenwart berücksichtigt, durchzieht sie als eigenständige Anlage die gesamte Architektur des Museums. Ausgehend von einer Regenwasserspeisung auf dem Dach der Galerie der Gegenwart leitet die Maschine das Regenwasser ins Sockelgeschoss, wo sich nach 500 Jahren aus Kalkablagerungen ein Stalagmit bilden soll. Die Laufzeit ist vom Künstler auf 500 Jahre, also bis zum Jahr 2496, festgelegt und an den Betrieb des Gebäudes als Kunstmuseum gebunden.
Dass Bogomir Eckers Arbeit an der Tropfsteinmaschine auch außerhalb der Kunsthalle als Gedankenexperiment weitergeht, zeigt seine Siebdruck- Edition Prognose für das Jahr 2137. Sechs Motive verschiedener Tropfsteinhöhlen, die Ecker aus Büchern entnommen hat, überlagert der Künstler im Offset- und Siebdruck mit eigenen Zeichnungen. Die Höhlenansichten zeigen faszinierende Formationen, die sich durch die grobe Pigmentierung des Silberdrucks je nach Lichteinfall und Blickwinkel ständig zu verändern scheinen. Wie in einem Vexierbild, das durch seine spezielle Konstruktion aus verschiedenen Blickrichtungen unterschiedliche Bildinhalte vermittelt, scheinen sich die Höhlenbilder einer permanenten Metamorphose zu unterziehen. In metallischem Silber gedruckt, bilden sie den Hintergrund für Eckers skizzenhafte Zeichnungen, von denen hunderte in den letzten beiden Jahren auf DIN A4 Briefbögen des Tropfsteinhöhlenprojekts entstanden sind. Es sind flüchtig wirkende Notizen, Wortskizzen und Zeichnungen, die wie Entwürfe zu technischen Geräten und Maschinen anmuten und als assoziative Anmerkungen zum Tropfsteinmaschinenprojekt zu sehen sind.
Bogomir Ecker
1950 geboren in Maribor, Slowenien