Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>David Tremlett signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>David Tremlett signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>David Tremlett signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>

David Tremlett signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst

<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst</p>

Tobias Zielony signiert in der Seilerstraße ©griffelkunst

<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>

Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst

<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>

Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst

<p>Druckstöcke und Andrucke von Birgit Brandis ©griffelkunst</p>
<p>Druckstöcke und Andrucke von Birgit Brandis ©griffelkunst</p>
<p>Druckstöcke und Andrucke von Birgit Brandis ©griffelkunst</p>

Druckstöcke und Andrucke von Birgit Brandis ©griffelkunst

Fernando de Brito

E_558_Fernando_de_Brito.jpg
E 558
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E 559

Hochdruck

E 558
wat mutt dat mutt, 2019
92,0 × 70,0 / 69,0 × 49,0 cm

E 559
nu is daddeldu, 2019
92,0 × 70,0 / 69,0 × 49,0 cm

Papierqualität: 250 g/qm Alt Bern
Drucker: Atelier für Druckgrafik, Wedel

Über Farbe, Fläche und Form

von Brigitte Bedei

Die druckgraphischen Arbeiten von Fernando de Brito entstehen häufig in enger Anlehnung an sein zeichnerisches Werk. Bereits die Radierserie von sechs Porträts, die wir 2013 in der griffelkunst vorgestellt haben, entwickelte de Brito aus dem Werkkomplex Names. Mit gewebeartigen Liniengeflechten aus Horizontalen und Vertikalen hatte de Brito abstrakte Porträts von sechs Künstlerinnen geschaffen, die ihn inspiriert hatten und von deren Schicksal er berührt war. Dabei entwickelte er keine auf Physiognomie basierenden Darstellungen im herkömmlichen Sinne. Die Liniengefüge oszillierten zwischen geschlossenen Strukturen und zerrissenem Gewebe, zwischen Ruhe und Bewegung, Struktur und Dynamik. Sie zeigen Brüchigkeit und Ambivalenz, es sind »seismographische Porträts« von konkreten Personen aus dem Bereich Kunst und Kultur.

Wir haben Fernando de Brito eingeladen, erneut zwei Blätter für die griffelkunst zu entwickeln. Im Atelier für Druckgrafik sind in Zusammenarbeit mit Lars Dahms und Daniel Vogler zwei großformatige Graphiken entstanden. Sie zeigen eine geschlossene, gewebeartige Struktur, die im Gegensatz zu der bereits vorgestellten Serie im Hochdruck ausgeführt wurde. Beide Arbeiten lassen an eine weitere Zeichnungsserie von de Brito denken, die Dyptich Sundial. Unter diesem Titel fasst de Brito eine Gruppe von Arbeiten zusammen, die immer nach dem gleichen Muster entstehen: mit farbigen Gelstiften setzt er frei von Hand gezogene Linien eng nebeneinander. Zunächst liegen sie vertikal, dann horizontal darüber. Eine fast meditative Arbeit, die Stunden dauert und so lange fortgesetzt wird, bis die Fläche zum Farbraum wird. Mit einer zweiten, kontrastierenden Farbe setzt de Brito schließlich eine zweite Form darüber, die der Künstler ebenfalls aus vertikalen und horizontalen Linien generiert. Durch die beiden sich überlagernden Flächen entsteht bildnerisch der Eindruck eines Schattens. Schattenspiele an Häusern und Mauern sowie eine Sonnenuhr an der Fassade des elterlichen Wohnhauses in seinem Heimatland Portugal haben den Künstler inspiriert, verschiedene Flächen zu überlagern und Überlegungen darüber anzustellen, wie sich Farbe, Form und Fläche zueinander verhalten.
wat mutt dat mutt und nu is daddeldu – was so viel bedeutet wie »was sein muss, muss sein« und »jetzt reicht es« – sind die Titel der Hochdrucke von Fernando de Brito. Schon anhand der Titel wird deutlich, dass sich beide Arbeiten auf die Stadt Hamburg beziehen. Ausgangspunkt sind langjährige Beobachtungen von Farben, Tönen und Klängen im urbanen Raum auf dem Weg ins Atelier oder beim Flanieren durch die Stadt: Dächer und Fassaden, Buslinien oder Farbkombinationen von Kleidung. Aus einer Fülle von Farbklängen, die der Künstler uns vorgestellt hat, haben wir zwei ausgewählt. Sie lassen allerdings eher an kulinarische Beobachtungen denken: Tomate mit Pflaume und Senf mit Aubergine!

De Britos Arbeiten sind ein Spiel aus Farbe, Fläche und Form. Alles greift ineinander, zeigt ein Davor und Dahinter und wird schließlich zum Bild.

C-Reihe / 350. Wahl II. Quartal 2013

Radierungen
66 x 51 cm / 50 x 40 cm

1. Eva Hesse
2. Hanne Darboven
3. Alma del Banco
4. Gretchen Wohlwill
5. Anita Rée
6. Molly Cramer

Papierqualität: 300 g/qm Alt Worms Hahnemühle
Drucker: Peter Loeding / Ellen Sturm, Hamburg

Seismographische Porträts

Ein Hauptthema im Werk von Fernando de Brito ist das Porträt. Er erstellt jedoch keine physiognomischen Darstellungen im herkömmlichen Sinne. Vielmehr schafft der in Portugal geborene Künstler abstrahierte Porträts von konkreten Personen aus Kunst und Kultur, die den Künstler seit langem intellektuell begleiten und inspirieren.

griffelkunst: Für die griffelkunst haben Sie eine Serie von sechs Radierungen geschaffen, die in enger Anlehnung an Ihren Werkkomplex der Porträts Names entstanden ist. Wen haben Sie in dieser Serie porträtiert?

Fernando de Brito: Ich wollte sechs Hamburger Künstlerinnen porträtieren und dadurch eine Beschäftigung mit der jeweiligen Person anstoßen, das war die Intention. Wie hat sie ausgesehen, was hat sie gemalt etc. Der Porträtbegriff ist in meiner Arbeit sehr weit gefasst. Er dient der Erinnerung. Alma del Banco zum Beispiel war viele Jahrzehnte völlig vergessen gewesen. Auch Gretchen Wohlwill, Anita Rée und Molly Cramer sind Frauen einer vergessenen Generation. Lange hatte ich auch Annette Wehrmann im Kopf, aber nun sind es diese sechs geworden.

gk: Wie nähern Sie sich den Personen, die Sie porträtieren möchten, an? Viele der Porträtierten sind lange tot, andere haben Sie nie getroffen.

de Brito: Häufig gibt es gar keine engere Bindung zu den Personen. Das ist nicht entscheidend. Eva Hesse und Hanne Darboven, die ich ebenfalls für die griffelkunst porträtiert habe, sind mir sehr nahe durch ihre Werke. Es geht mir darum, die Persönlichkeiten und die Inhalte, die dahinter stehen, blockhaft zu komprimieren. Ich frage mich seit Jahren, warum es diese Künstlerinnen so schwer gehabt haben. Seit 1910/1920 ist es so, dass Künstlerinnen eine andere Stellung einnehmen. Davor gibt es wirklich sehr wenige Ausnahmen. Vielleicht Angelika Kauffmann, Camille Claudel.

gk: Sind das Frauen, die Sie künstlerisch beeindruckt haben?

de Brito: Bei den oben genannten vier Künstlerinnen sind es ihre Schicksale, weil sie die schlimme Zeit in Deutschland erlebt haben und sich nicht entwickeln konnten. Aber ich habe die Auswahl nicht unter den Aspekt der Vertreibung gestellt. Es ging darum, etwas in Erinnerung zu bringen von Frauen, die in der Stadt existent waren. Dafür recherchiere ich, was sie gemacht hat, was für eine Person das war.

gk: Sie verstehen Ihre Porträts als Reminiszenz, nicht als Hommage, warum?

de Brito: Ich habe bewusst versucht einen anderen Begriff zu finden. Eine Hommage ist im Grunde so etwas wie ein Vorbild, etwas, das man besonders schätzt. Und Reminiszenz geht aus der Erinnerung heraus. Es ist keine totale Verehrung, obwohl beide Begriffe relativ nahe beieinanderliegen. Aber die meisten Menschen, von denen ich diese Porträts mache, sind Menschen, die ich sehr bewundere. Ob das persönliche Freunde sind oder Künstler.

gk: Ist das assoziative Porträtieren von Personen, so wie Sie es verstehen, nur in der Abstraktion möglich?

de Brito: Ich bin nie daran interessiert gewesen, Menschen in der physiognomischen Wiedergabe abzubilden. Ich wollte einen anderen Weg gehen, in dem der Betrachter sich durch mein abstrahiertes Porträt das Bild des Porträtierten vor Augen ruft. Ich bilde diese Flächen, bilde aber nicht ab. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, wie man sich an Menschen rantastet, wie man sie abbildet oder abstrahiert. Ich überlege genau, welchen Aufbau ich wähle. Meine Idee ist, dass hier Assoziationen geschaffen werden. Eva Hesse und Hanne Darboven sind etwa die beiden Motive, die vom Linienaufbau etwas mehr aufgerissen wirken. Bei Hesse hat man das Gefühl, als hätte sich ein Loch geöffnet, man geht zum Licht. Bei Darboven ist es eher energetisch, nervöser und geladener. Es geht nicht nach außen, es ist verklumpter. Der Raum ist direkter organisiert. Die anderen vier sind relativ dicht, weil ich da auch nicht so tief eingedrungen bin, da man relativ wenig über diese Personen weiß. Es ist ein seismographisches Porträt.

gk: Die Radierungen haben Sie in enger Anlehnung an Ihre Kugelschreiberzeichnungen in der Werkstatt von Peter Loeding entwickelt. Wie war die Zusammenarbeit?

de Brito: Als Künstler sowie als Drucker hat Peter Loeding prägend gewirkt. Wir haben uns auf Anhieb verstanden und ich habe großen Respekt vor seinem Können. Zwar hatte ich zuvor schon Radierungen gemacht, die Technik war mir also vertraut. Es gibt keine Vorzeichnung, sondern ich zeichne direkt auf die Platte. Dabei konzentriere ich mich in der Arbeit sehr auf die Person, die ich ausgewählt habe. Ausgangsmaterial waren Kugelschreiberzeichnungen. Ich habe mich mit der Frage beschäftigt, wie kann man das umfunktionieren – das Filigrane, Textilhafte, diese Haut, dieses Gewebe, das ausbrechen will, Belastungen standhalten muss. Da sehe ich auch die Verbindung zum Porträt, diese Ausdehnung, diese Belastung des Lebens. Der Unterschied zwischen der Zeichnung und der Radierung ist, dass man bei der Radierung achtsamer sein muss, vom Handwerk her. Die Spitze des Kugelschreibers ist ja viel größer als die Radiernadel. Da muss man sich mehr konzentrieren. Bei der Zeichnung trägt man Farbe auf, bei der Radierung trägt man sie ab.

Das Interview für die griffelkunst führte Brigitte Bedei mit Fernando de Brito im Februar 2013 im Atelier des Künstlers.

350 C1
350 C2
350 C3
350 C4
350 C5
350 C6

Fernando de Brito

1956 geboren in Portugal
1974 Werkkunstschule Hamburg
1976 Hochschule für bildende Künste, Hamburg
lebt und arbeitet in Hamburg

Ausstellungen
2019 Das Blaugrüne Dasein, mit Dirk Meinzer, Städtische Galerie Delmenhorst
Sunt Lacrimae Rerum, Galerie van der Grinten, Köln (E)
2018 Masters Sacre, Spiegelberger-Stiftung Hamburg, Christuskirche Othmarschen, Hamburg (E)
Marquesas, Clans + Nobilitas, Galerie Carolyn Heinz, Hamburg (E)
Straight, Crooked, Shaped, Galerie im Marstall, Ahrensburg
Piccolo Nuvole, Palazzo Buttera, Palermo, Italien
2016 Noli me tangere, Installation, Kunsthalle Hamburg

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