E 392
„Dreams result in more dreams“, 2004
Leuchtkasten mit Diafilm
40,0 x 30,0 x 6,0 cm / 36,7 x 26,6 cm
Hersteller Leuchtkasten: KML-Kramer GmbH, Wallenhorst
Material
Dia: Illford Clearfilm
Hersteller Dia: PPS, Hamburg
Mitte der 90er Jahre zogen die sogenannten „Vernarbungsarbeiten“ Daniele Buettis die Aufmerksamkeit auf sich. Mit ihnen traf er den Puls der Zeit. Sein Interesse an dem Phänomen Zeichen, an ihren Botschaften und Inhalten, führte ihn zunächst zu den Logos der Konsum- und Luxusindustrie. Mit Kugelschreiber prägte er Schriftzüge, Signets oder Arabesken von hinten auf Zeitungsabbildungen weltbekannter Stars und Models. Ihre Photos erzählen von einem glamourösen, für viele begehrenswert erscheinendem Leben. Sie verkörpern Sinnlichkeit und Schönheit, um uns zum Kaufen zu verführen. Nach Buettis Tätowierungen tragen die Models die Logos der Firmen, für deren Produkte sie werben, als entstellende, wulstige Male auf der Haut: Schriftzüge von Chanel, Versace, Hugo Boss oder Gucci, um nur einige der globalen Megakonzerne zu nennen, die unsere Identitätsvorstellungen lenken und prägen. Subtil spielt er damit, dass sich beim Anblick von Narben auch das Wissen um Verletzungen einstellt. Dementsprechend kippt das Image der abgebildeten Personen und sie scheinen auf eigenartige Weise bedürftige Menschen mit Gefühlen zu werden.
Gerade diese Ambivalenzen sind es, die Buetti interessieren und denen er auch in der Werkserie „Does time dance with memories?“ nachgeht. Diesmal legt er Superstars oder Schauspielern Fragen und Sinnsprüche in den Mund wie „Why should I change my attitude?“ oder „Will I ask for help?“ Die Texte entstammen oftmals Pop-Songs und formulieren, handschriftlich in die Fotos eingraviert, diffuse Ängste, Selbstzweifel und Sehnsüchte. In seinen Installationen pinnt der Künstler die Fotos oft an rüde zusammengezimmerte Holzgerüste, die an das Flair von Bühnen und Diskos erinnern. Wie in den Diakästen werden sie von hinten mit Neonröhren beleuchtet und durch bunte Folien farbig illuminiert.
Daniele Buetti ist nicht daran gelegen, den Rummel um den zeitgenössischen Starkult und seine mögliche Vorbildfunktion zu kritisieren. Ihn interessiert der Moment der Verführung mit all seinen Mechanismen, das Spiel mit den Illusionen. Der für die griffelkunst produzierte Leuchtkasten „Dreams result in more dreams“ steht in Zusammenhang mit einer Serie von Arbeiten, in denen Hände versuchen, unzählige Lichtpunkte wie einen kostbaren Schatz festzuhalten. Das Licht scheint jedoch wie Sand zwischen den Fingern hindurch zu rieseln oder von einem Windhauch weggeblasen zu werden. Der strahlende Glanz der Oberfläche ist in den Installationen und Leuchtkästen nur solange von Dauer, wie sie beleuchtet werden. Knipst man das Licht aus, so zeigen sich die Bestandteile in ernüchternder und gar nicht mehr so verheißungsvoll glamouröser Realität.
Beate Ermacora
geboren 1955 in Freiburg, Schweiz