Ciara Phillips
C-Reihe / 381. Wahl
I. Quartal 2021
Holzdruck, Reliefdruck und Lithographie, 2019
42,0 × 30,0 cm
Papierqualität: 120 g/qm Dorée Papier (1, 2, 3, 5), 120 g/qm Zerkall-Bütten (4,6)
Druck: Handdruck Loeding & Sturm, Hamburg
1. Sinking
Holz- und Reliefdruck
2. Conditions
Holz- und Reliefdruck
3. Reveller
Holz- und Reliefdruck
4. Antidote
Lithographie und Reliefdruck
5. Sliding
Holz- und Reliefdruck
6. Lingerer
Lithographie und Reliefdruck
Begin anywhere – Drucken als Prozess
von Brigitte Bedei
Die Arbeiten von Ciara Phillips entstehen grundsätzlich in analogen Herstellungsverfahren. Sie experimentiert dabei mit verschiedenen druckgraphischen Techniken, die sie miteinander kombiniert. 2019 war sie auf Einladung der griffelkunst vier Wochen lang in der Werkstatt von Ellen Sturm-Loeding in Hamburg zu Gast und hat zusammen mit Lars Lundquist und Carlos León Zambrano eine Serie von Arbeiten entwickelt, die den Auflagendruck an seine Grenzen führt. Gedruckt wurde u.a. von Papierformen, so dass jeder Druck Unikat-Charakter hat. Phillips’ Arbeit ist gekennzeichnet von der Faszination für druckgraphische Medien, die sie bereits während ihres Studiums in Glasgow entwickelt hat:
»Das letzte Mal habe ich in den 1990er-Jahren als Studentin Lithographien gemacht. Damals sprach mein Professor Otis Tamasauskas mit uns darüber, dass Litho-Steine ein Gedächtnis haben. Natürlich behalten viele Materialien und Objekte die Erinnerung an menschliche Interaktion, aber die Vorstellung, dass ein Litho-Stein die Fähigkeit hat, sich an das zu erinnern, was auf seiner Oberfläche festgehalten wurde, hatte etwas besonders Verführerisches.
Das Gewicht des Steines macht es schwer, mit ihm zu arbeiten, und seine poröse Oberfläche ist in erster Linie gekennzeichnet von seinem Verlangen nach Fett. Zur Herstellung von Drucken ist er also eigentlich nicht sehr geeignet. Eine unglaubliche Energie geht allein in das Abschleifen der Fläche eines Steins, um ihn bearbeiten zu können, und seine frisch geschliffene Oberfläche lädt in erster Linie dazu ein, ihn zu berühren. Aber selbst eine versehentliche Berührung, die zunächst nicht einmal sichtbar ist, wird beim Druck offensichtlich. Die ganze Erfahrung, mit dem Stein zu arbeiten, ist unglaublich taktil, und man hat permanent den Wunsch, ihn zu berühren. Es ist ein Gefühl, das nicht in der Arbeit abgebildet wird, sondern eine Spannung, die im Herstellungsprozess zu spüren ist.
Gedanken über das Gedächtnis des Materials und dessen Berührung sind auch wesentliche Facetten meiner Arbeit mit Holzschnitt und Reliefdruck in den letzten Jahren. Ich verwende einfache Materialien wie Papier, Klebeband oder Plastik und beginne mit dem Aufbau von Werken, oft mit John Cages Spruch begin anywhere im Hinterkopf. Es ist ein Prozess, der sowohl improvisiert als auch intuitiv ist und aus der Erfahrung der Arbeit mit dem Drucken in allen seinen Facetten entsteht. Die Bilder werden nicht konzipiert und ausgeführt, sondern entstehen in einem Prozess, der die einfache Manipulation des Materials beinhaltet. Gefaltetes Papier, zerkratztes Holz, zerrissenes Klebeband, gemischte Farben. Ich verstehe das Drucken als einen Prozess der Addition, Subtraktion und Multiplikation – man tastet sich an ein Problem heran und kämpft sich wieder heraus.
Diese Serie von Arbeiten ist in der Herstellung definitiv analog, löst aber auch Anmutungen des Digitalen aus. Freie Formen, die im simulierten
Raum schweben und sich in eingefrorenen Farbverläufen verfangen. Was wird das Ergebnis dieser Verbindungen sein – unsere Gedanken, die in das digitale Reich eindringen? Was ist mit unserer Schnittstelle zu Bildschirmen – Informationen, die sich durch eine neu erworbene Sprache der Berührung ausdehnen und zusammenziehen? Tippen, zusammenziehen, wischen. Können wir uns auf die Schönheit konzentrieren, die in der überwältigenden Verführung dieser Medien zu finden ist, und den Lärm ausblenden? Wie halten wir das körperlich und emotional aus? Meine Augen tun weh. Deine auch?
Auf der anderen Seite dann diese unglaubliche, besondere Stille, die ein Kunstwerk erzeugen kann und die durch die konzentrierte Erfahrung des Machens erreicht wird.« (Ciara Phillips, Januar 2021)
Ciara Phillips
geboren in Ottawa, Kananda, lebt und arbeitet in Glasgow, Schottland
1996–2000 Fine Art, Queen‘s University, Kingston, Kanada
2002–2004 Glasgow School of Art, Glasgow, Schottland
Ausstellungen
2021 Scottish National Gallery of Modern Art, Edinburgh, Schottland
Queen Sonja Print Award 2020, QSPA, Oslo, Schweden
2019 Drawing Biennale 2019, Drawing Room, London
2018Innovative Printmaking, Glasgow Print Studio, Schottland
21st Biennale of Sydney: SUPERPOSITION: Equilibrium and Engagement, Museum of Contemporary Art Australia