E 459 Grüner Türspalt, 2010
Piezo-Pigmentdruck
90,0 x 43,0 cm
E 460 Gelber Türspalt, 2010
Piezo-Pigmentdrucke
90,0 x 43,0 cm
Papierqualität: 290 g/qm Ilford Smooth Pearl Paper
Hersteller: open eyes Fotolabor, Hamburg
Die photographischen Arbeiten von Gisela Bullacher werden vielen Mitgliedern noch in guter Erinnerung sein. 2004 hat die Künstlerin bereits eine Edition mit sechs Photographien von Wasseroberflächen realisiert. Bullacher ist ihrem Thema der abstrahierenden Alltagsbetrachtung treu geblieben, dennoch mutet die aktuelle Arbeit vollständig anders an als die frühere Serie.
Die Edition Grüner und gelber Türspalt besteht aus zwei großformatigen Photographien, die sowohl zusammen als auch einzeln Bestand haben. Der Titel bezeichnet genau, was es zu sehen gibt und sagt trotzdem nur wenig über das eigentliche Motiv aus. Der Türspalt ist kein Gegenstand, sondern vielmehr ein Bereich, ein Zwischenraum, der durch die Stellung der Tür definiert wird. Auf Bullachers Photographien sind die Türen fast geschlossen, farbiges Licht fällt durch den Spalt in den dunklen Raum ein, gerade genug, um die Tür als Tür erkennbar werden zu lassen, aber zu wenig, um sie als Körper zu formen. Wie sich das Auge im Dunkeln erst an das fehlende Licht gewöhnen muss, so erfordern auch die beiden Aufnahmen ein sehr genaues Hinsehen und schließlich ein Umdenken. Die Reduktion auf den Kontrast zwischen hell und dunkel, schwarz und farbig, Form und Fläche lenkt den Betrachter auf den Ausgangspunkt jedes photographischen Bildes, nämlich das Licht. Das Licht wird von den Gegenständen reflektiert und formt sie dadurch für das menschliche Auge ebenso wie für die Kamera, die dank lichtempfindlichen Materials bzw. Photodiode dieses Licht aufzuzeichnen und als Bild wiederzugeben vermag. Durch die Belichtungsdauer kommt der Faktor Zeit hinzu, der sich in den Bildern als leichte Überstrahlung und Verwischung des Türspalts einschreibt und die Tür ein wenig in Bewegung geraten lässt. Licht, Raum und Zeit gehen in der Photographie eine enge Verbindung ein, die Bullacher mit ihren Aufnahmen sichtbar und erfahrbar macht. Von dem hinter und vor der Tür liegenden Raum ist nichts erkennbar. Dennoch beschäftigt er die Phantasie des Betrachters. Man wird auf sich selbst zurück geworfen und dazu aufgefordert, die Leerstellen, die das Bild aufzeigt, mit eigenen Assoziationen und Erfahrungen zu füllen.
Gisela Bullacher beschreibt das Verhältnis zwischen Bild und Betrachter selbst folgendermaßen:
„Ein Bild ist ein Bild von Etwas, das Vorstellungen vertrauter oder weniger vertrauter Art hervorrufen will. Ein Bild ist aber auch ein Zeichen, schon allein deshalb, weil es etwas abbildet, das nicht die Sache selbst ist. Darüber hinaus verkörpert jedes Bild die Umkehrung unseres Blickes. Wir sehen das Eine im Anderen. Jede Darstellung wird so zur Vorstellung von etwas, aus der heraus das Bild seine Aussage und Bedeutung entwickelt. Ob, wann, wo und wie ein Bild bewegt, und was der Betrachter beim Betrachten sieht, bleibt als Ergebnis offen. Im Fokus steht das Bild, das ich mache, die Bilder, die dem vorausgegangen sind und die Bedeutungen und Wahlverwandtschaften, die die Bilder zueinander entwickeln.“
(aus: teaching photography, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung in der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang)
A-REIHE, 315. WAHL, III. QUARTAL 2004
Photographien
40,0 x 40,0 cm / 50,0 x 50,0 cm
1. Blaues Nass (1), 1998, Farbphotographie
2. Blaues Nass (2), 1998, Farbphotographie
3. Entengrütze mit Schatten, 2000, Farbphotographie
4. Entengrütze mit Licht, 2000, Farbphotographie
5. Graues Wasser (1), 2004, Schwarzweiß-Photographie
6. Graues Wasser (2), 2004, Schwarzweiß-Photographie
Papierqualität: Fujicristal Archive
Hersteller: PPS, Hamburg
Gisela Bullacher zeigt in ihren photographischen Arbeiten einen sachlichen und zugleich abstrahierenden Blick auf die oft unbeachteten Dinge des Alltagslebens. Mit dem spezifischen Blick durch die Kamera ermöglicht sie den photographierten Objekten eine eigene Präsenz und öffnet damit eine andere Sicht auf den Gegenstand. Ihre Motive entstammen dabei ganz unterschiedlichen Themenfeldern, die gleichwertig nebeneinander stehen. Häufig sind es präzise Darstellungen von Gegenständen, die freigestellt, schattenlos und vor neutralem Hintergrund mittig ins Bild gesetzt und durch die isolierte Inszenierung aus allen ursprünglichen Funktionen gelöst werden. Auf diese Weise gelingt es ihr, die höchst konkreten Motive in eine auf ganz unterschiedlichen Ebenen angelegte Abstraktion zu überführen.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich die in Hamburg lebende Künstlerin mit dem Element Wasser. Für die griffelkunst hat sie sechs Photographien der hieraus entstandenen Arbeiten zusammengestellt, so dass wir Ihnen nun eine Serie von vier Farb- und zwei Schwarzweiß-Photographien anbieten können. Im Gegensatz zu früheren Arbeiten, in denen der Gegenstand über seine Form definiert wurde, erfasst die Künstlerin das Element Wasser über die verschiedenen Beschaffenheiten der Oberfläche und geht so den physikalischen und physiologischen Eigenschaften des Wassers nach. Die Arbeiten sind direkt in der Natur aufgenommen und nicht nachträglich durch den Computer verfremdet worden. Durch den Moment und den spezifischen Ausschnitt der Aufnahme löst die Künstlerin das Element Wasser aus den gewohnten Zusammenhängen und lässt seine materiellen Eigenschaften in den Vordergrund treten. Strukturen und die Zeichnung der Oberfläche gewinnen an Bedeutung und verführen zu einem vielschichtigen Wahrnehmungsspiel: Was ist Spiegelung, was ist Durchsicht? Wo trennt Oberfläche, wo verbindet sie? Verstärkt wird das Verwirrspiel durch die fehlende Perspektive, die sich durch die Nahaufnahme auflöst.
Mittels der Photographie hält Bullacher einen konkreten Moment der Bewegung fest, zeigt den Ort und seine zeitliche Veränderung. Die Möglichkeiten der Photographie, Licht und Schatten, Nähe und Ferne, Ort und Ortlosigkeit, Zeit und Raum zu thematisieren, werden von ihr subtil eingesetzt. Dabei ist der Repräsentationscharakter des Mediums in den vorliegenden Arbeiten nur wenig präsent. Die von der Kamera fixierten Oberflächen bilden zwar reale Orte ab, mobilisieren aber in der Detailaufnahme beim Betrachter ganz unterschiedliche visuelle Empfindungen. Die Photographien eröffnen so ein breites und individuelles Assoziationsfeld, das weit über die konkrete Realität des Gegenstandes hinausreicht.
Gisela Bullacher
1957 geboren in Hamburg